Es sind diese aufrüttelnden Momente, die den Katholikentag zu einem Erlebnis machen – auch wenn das Thema nicht angenehm ist, sondern einen eher den kalten Schauer über den Rücken jagt. "Wenn wir so weiter wirtschaften, brauchen wir bis 2030 genau eine weitere Erde", so der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. "Die haben wir nicht!"
Heinrich Bedford-Strohm, im Bild links, neben ihm Diskussionsleiter Ulrich Ruh und der Münchner Kardinal Reinhard Marx. Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Eindringlich wirbt der evangelische Theologe deshalb für ein ökologisch erneuertes Wirtschaftssystem. "Wir haben noch gar nicht begriffen, welches Ausmaß und welche Dringlichkeit das hat." Dass die Reichen auf Kosten der Armen leben, wissen alle – und doch sollte man sich viel öfter jene beklemmende Zahl 25.000 vor Augen führen, die Bedford-Strohm nannte: So viele Menschen sterben jeden Tag, weil sie entweder nicht genug zu essen haben oder keine ausreichende medizinische Versorgung.
Vor dem Herrn rechtfertigen
Das hat mit Schuld zu tun – unserer Schuld. Weil es um eine drastische moralische Herausforderung geht, wählt der Landesbischof ein drastisches Bild: Was er getan und unterlassen habe, müsse jeder Christ einst auch "vor dem Richterstuhl Gottes" verteidigen. Dort erblasst man dann entweder, oder aber man kann sagen: Wir haben uns zumindest auf den Weg der Besserung begeben.
Bei solch grundlegenden Fragen enden im Übrigen auch die oft künstlichen konfessionellen Grenzen. An denen entlang lasse sich keine ernsthafte Sozialethik betreiben, betonte Bedford-Strohm. Unterstützung bekam er dabei vom Münchner Kardinal Reinhard Marx. Der musste sich allerdings dann vorhalten lassen, dass ein neues ökumenisches Sozialwort der Kirchen noch nicht konkret geplant ist. Das erste derartige Papier stammt aus dem Jahr 1997. Seither ist die Ungleichheit erheblich gewachsen – übrigens vor allem in Deutschland.