Götzendienst unter Christen gibt es nicht, meinst du vielleicht. Niemand hat zu Hause ein goldenes Kalb stehen, das er anbetet. Das sieht Timothy Keller anders. 221 Seiten lang spricht er darüber, wie wir Menschen pausenlos neue Götzen kreieren. Und dabei geht er nicht (nur) von Menschen aus, die von Gott nichts wissen wollen, sondern spricht auch die an, die Jesus ihren Herrn nennen. Denn: „Jeder Christ weiß: Was Jesus über uns denkt, ist entscheidend, nicht die Meinung von Menschen. Das sagen wir. Aber obwohl wir wissen, dass Jesus grundsätzlich unser einziger Retter ist, behalten die anderen Dinge dennoch ihren Platz in unserem Herzen.“
Was dann ist ein Götze? Einen Götzen erkennt man daran, dass einem das Leben ohne ihn sinnlos vorkäme, schreibt Keller. Das kann alles Mögliche sein: Reichtum, Erfolg, Anerkennung, der Ehepartner, Macht, die eigene politische Überzeugung etc. Ein Götze ist „die bewusste Überzeugung, dass man etwas Bestimmtes haben muss, um glücklich sein zu können, etwas das wichtiger ist als Gott.“ Keller nennt diese Dinge beim Namen, zeigt aber auch gleichzeitig, dass wir nicht allein sind. Seine Beispiele basieren oft auf Personen aus der Bibel, die wir als Glaubenshelden kennen: Abraham, Jakob, Jona. Damit zeigt er uns einerseits, dass niemand „götzensicher“ ist und andererseits, dass Gott selbst diese Menschen liebt und gebrauchen will.
Es geht Keller aber nicht darum, mit dem Finger auf Götzendiener zu zeigen. Er möchte, dass die falschen Götter von ihrem Thron gestoßen werden und die Leere von Jesus ausgefüllt wird. Götzen werden früher oder später unser Leben vergiften, weil sie den Maßstab dafür, was Erfolg, Versagen, Glück und Trauer ist, verfälschen. Und weil sie nie halten können, was sie versprechen.
Neben den ganz persönlichen Götzen spricht Keller aber auch von gesellschaftlichen Götzen wie zum Beispiel dem Götzen des Profits oder dem Götzen des Stolzes auf die eigene Rasse. „In jeder Kultur, in der man versucht, ohne Gott auszukommen, werden Sex, Geld und Politik die Leere ausfüllen, die die Menschen im tiefsten Inneren quält“, sagt er.
Und genau diese Leere ist es, auf die er immer wieder zu sprechen kommt – sie ist der Ausgangspunkt. Die Leere und Enttäuschung treibt Menschen an, Dingen, die in sich oft gut sind, zu viel Bedeutung zu geben und sie damit zu Götzen zu erheben. Und doch bleiben wir unerfüllt, solange wir unsere Hoffnung auf sie setzen. Dazu ein Auszug von C. S. Lewis (aus Pardon, ich bin Christ):
„Hätten wir gelernt, richtig in unseren Herzen zu lesen, dann wüßten wir, daß in uns ein Verlangen, ein heftiges Verlangen ist, das durch nichts in dieser Welt gestillt werden kann. Es gibt vieles auf dieser Erde, das ihm gerecht zu werden scheint, aber es bleibt immer ein Rest von Enttäuschung.
Die Sehnsucht, die uns ergreift, wenn wir uns zum erstenmal verlieben, wenn wir an ferne Ländern denken oder am Anfang eines interessanten Studiums stehen, wird durch keine Ehe, keine Reise und kein Studium wirklich gestillt. Ich spreche hier nicht von unglücklichen Ehen, verpfuschten Ferien oder verpatzten Karrieren, nein, ich spreche von den besten, die es geben kann.
Da war etwas; und im ersten Erwachen der Sehnsucht wollten wir danach greifen und es festhalten. Doch immer wieder entgleitet es unseren Händen. Ich denke, jedermann weiß aus eigener Erfahrung, wovon ich rede. Die Gattin mag eine vorzügliche Frau, das Hotel und die Aussicht können großartig und der Beruf des Chemikers mag eine wirklich interessante Sache sein. Und trotzdem haben wir das Gefühl, daß etwas fehlt.“
Für all diejenigen, die den Mut haben, in sich hineinzuschauen und dieser Leere zu begegnen ist das Buch von Timothy Keller nur empfehlenswert.
Timothy Keller, „Es ist nicht alles GOTT was glänzt“, Gerth Medien, 252 Seiten, 14,99 Euro, ISBN: 9783865915894