Der Klimaschutz macht keine großen Sprünge mehr

Der Klimaschutz macht keine großen Sprünge mehr
Der Klimadialog steckt fest. Nach dem gescheiterten Gipfel in Kopenhagen versuchen die Klimadiplomaten, in mehreren Treffen vor dem nächsten Gipfel zumindest in Einzelfragen weiterzukommen. Im Dezember in Mexiko ist das nächste große Treffen. In den nächsten Tagen sitzen die Verhandlungspartner erneut in Bonn zusammen. Aber die Chance, dass sich etwas bewegen wird, ist gering - zu viele Länder bremsen. Insbesondere China und die USA verhindern einen bindenden internationalen Vertrag.
29.04.2010
Von Stefan Fuhr

Ratlose Unterhändler, frustrierte Umweltschützer - seit dem Scheitern des Kopenhagener Klimagipfels im Dezember befindet sich die internationale Klimadiplomatie in der Schockstarre. Jetzt soll eine Konferenz auf Einladung Deutschlands und Mexikos neue Anstöße bringen. Von Sonntag bis Dienstag treffen sich dazu Umweltminister aus 45 Ländern auf dem Petersberg bei Bonn. In informellen Gesprächen sollen Positionen ausgelotet und abgestimmt werden. Durchbrüche sind beim "Petersberger Klimadialog" nicht das Ziel.

"Alle Parteien haben sich in ihren Schützengräben vergraben", beschreibt der Klimaexperte von "Brot für die Welt", Thomas Hirsch, die Ausgangslage. "Auf dem Petersberg bei Bonn brauchen wir ein positives Signal, das Vertrauen schafft."

"Projekte von unten" statt globale CO2-Reduzierung

Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam hält zum Beispiel Fortschritte bei Waldschutz und Technologie-Transfer für möglich. In der heiklen Frage verbindlicher Ziele für eine Reduktion der Emissionen indes ist die Situation nach wie vor so verfahren, dass das Thema in Bonn wohl ausgeklammert wird. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sagte dazu dem Nachrichtenmagazin "Spiegel", es gehe auf dem Petersberg darum, Projekte "von unten" zu starten und nicht nur "auf CO2-Ziele von oben herab zuzuarbeiten".

Rückblick: Der Weltklimagipfel in der dänischen Hauptstadt endete vor vier Monaten mit einer unverbindlichen Übereinkunft, die mittlerweile mehr als 120 Staaten unterzeichnet haben. Der Anhang des "Copenhagen Accord" listet freiwillige Ziele zur Minderung von Treibhausgasen auf, die nach Meinung von Wissenschaftlern aber längst nicht ausreichen, um die Erderwärmung wie vereinbart auf zwei Grad Celsius zu beschränken. Das Ergebnis spiegelt vor allem die Interessen der beiden großen Klimasünder USA und China wider, die mit gegenseitigen Forderungen die Verhandlungen in Kopenhagen blockierten.

Es droht die Freiwilligkeit statt bindender Verträge

Einem verbindlichen Nachfolgevertrag für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll - ursprünglich das Ziel des Kopenhagener Gipfels - ist die Weltgemeinschaft damit kaum näher gekommen. Umweltschützer befürchten sogar, dass der UN-Verhandlungsprozess nun komplett ausgehebelt wird und die Klimadiplomatie künftig zu einer Goodwill-Veranstaltung wird, in der das Prinzip der Freiwilligkeit vorherrscht.

"Vor allem die USA werden die Verhandlungen im UN-Rahmen torpedieren und stattdessen auf den Copenhagen Accord verweisen", sagt Kowalzig. Er hofft, dass sich nun eine "Koalition der Willigen" zusammenfindet, um die Verhandlungen für ein verbindliches Abkommen voranzutreiben.

Willig sind vor allem arme Entwicklungsländer, die unter anderem mehr Klarheit über die in Kopenhagen zugesagte finanzielle Unterstützung für den Kampf gegen die Erderwärmung verlangen. Unklar ist aber, welche Industriestaaten jetzt eine Führungsrolle übernehmen könnten. Die EU zum Beispiel nimmt keine einheitliche Position ein, als Bremser gelten unter anderem Polen und Italien.

Die Hoffnungen auf 2011 verschoben

Und Deutschland? "Die frühere Klimakanzlerin Angela Merkel ist in Kopenhagen hinterher gehinkt, jetzt muss sie wieder Akzente setzen", verlangt "Brot für die Welt"-Experte Hirsch. Die Agenda von Petersberg deutet jedoch darauf hin, dass die Bundesregierung den verbindlichen Ziele zur Emissionsreduktion derzeit nicht den Vorrang einräumt.

Dass beim nächsten Klimagipfel im Dezember im mexikanischen Cancún ein völkerrechtlich bindender Vertrag zustande kommt, gilt mittlerweile ohnehin als ausgeschlossen. Die Hoffnungen der Klimaschützer ruhen bereits jetzt auf der übernächsten Weltklimakonferenz 2011 in Johannesburg.

epd