Steuerschätzung: "Gerede der Politik ist Quatsch"

Steuerschätzung: "Gerede der Politik ist Quatsch"
Um ihre Reform- und Tatenlosigkeit zu rechtfertigen, verwies die schwarz-gelbe Koalition in Berlin gern auf die Steuerschätzung, die erst Anfang Mai vorliegen wird. Doch einer der Steuerschätzer selbst bezeichnet das Gerede der Koalition als "großen Quatsch".

Die Hoffnungen der schwarz-gelben Koalition auf einen raschen und kräftigen Wiederanstieg der Steuereinnahmen werden sich voraussichtlich nicht erfüllen. Die Steuerschätzung in knapp drei Wochen wird nach Angaben aus Expertenkreisen keine Überraschung bringen - weder positiv noch negativ. "Große Änderungen gegenüber den bisherigen Prognosen wird es nicht geben", sagte ein Steuerschätzer am Montag der Nachrichtenagentur dpa. "Das Gerede der Politik, es müsse vor Reformen die Steuerschätzung abgewartet werden, ist großer Quatsch."

Nur wenig Eckdaten für die Steuerschätzung

Für die nächste Steuerschätzung Anfang Mai gibt es noch keine ausreichenden Eckdaten - etwa zur weiteren Entwicklung der Wirtschaft oder Lohnsumme. Es liegt bisher nur das Frühjahrsgutachten der führenden Institute vor. Die neue Konjunkturprognose der Bundesregierung wird an diesem Mittwoch vorgelegt. Sie soll sich aber nur geringfügig von der Vorhersage der führenden Wirtschaftsforscher unterscheiden. Ökonomen gehen davon aus, dass die Wirtschaft erst 2013 wieder das Niveau von 2008 erreicht - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Steuereinnahmen.

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" wird der Bund in diesem Jahr voraussichtlich mit Einnahmen von etwa 215 Milliarden Euro auskommen müssen. 2011 könnten es gut 220 Milliarden Euro sein. Das entspräche in etwa den Werten, die sich bei den beiden vorangegangenen Steuerschätzungen ergeben hatten.

Die FDP sieht weiter Spielräume für die von ihr verlangten Steuersenkungen. Im Deutschlandradio Kultur verwies FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger am Montag auf die mittelfristige Planung des Bundesfinanzministeriums. Sie geht von Mehreinnahmen des Staates bis 2013 von 124 Milliarden Euro aus. "Dann hat der Staat aus unserer Sicht nicht ein Einnahmeproblem: Er hat ein Ausgabenproblem", sagte Homburger dazu. Allerdings wird in der FDP darauf verwiesen, dass das Steuermodell der Partei mit Steuersenkungen von 16 Milliarden Euro von 2012 an als Grundlage die bisherigen Steuerschätzungen habe, die bislang noch gelten.

Kein Zeitdruck bei Steuerreform

Die FDP-Bundestagsfraktion hatte bei ihrer Frühjahrsklausur weitere Kompromisse im Steuerstreit mit der Union abgelehnt. Das Steuermodell sei bereits Ergebnis eines Kompromisses mit der CDU. "Das Konzept ist nicht die Grundlage von Verhandlungen, sondern das Ergebnis von Verhandlungen", hieß es.

Nach Ansicht von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) verschafft das Steuerkonzept der FDP der Koalition zeitlich erst einmal Luft. "Wir haben jetzt hinreichend Zeit, über einen Zeitraum von fast zwei Jahren genau zu überlegen, wie diese Steuerreform aussieht", sagte Pofalla am Montag im ZDF. Es werde auf jeden Fall Steuerentlastungen geben.

"Die Steuerreform als solche ist im Koalitionsvertrag vereinbart." Die FDP sei "einen ganz wichtigen Schritt gegangen", indem sie die Reform nicht schon 2011 beginnen lassen wolle, sagte Pofalla. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und mehrere CDU-Ministerpräsidenten hatten sich skeptisch gezeigt, inwieweit es Spielräume geben wird. Sie verweisen auf die Finanznot der Kommunen.

dpa