Billig oder Qualität: Was wollen die Verbraucher eigentlich?

Billig oder Qualität: Was wollen die Verbraucher eigentlich?
Die großen Discounter haben seit Jahresbeginn bereits die dritte Preissenkungsrunde eingeläutet. Doch wie passen immer billigere Lebensmittel und hohe Qualitätsansprüche zusammen?
12.03.2010
Von Maren Martell

Pfirsichhälften um 21 Prozent, Apfelmus um 13 Prozent billiger! Seit Jahresbeginn drehen die großen Supermarktketten wieder an den Preisen und setzen ihren brutalen Preiswettbewerb vom vergangenen Jahr fort. Zuletzt griffen die Discounter Aldi, Penny, Norma und Lidl zum Rotstift und läuteten die bereits dritte Preissenkungsrunde in diesem Jahr ein. Die Billigheimer sprechen damit auch die Kunden an, die sich immer weniger leisten können. Andererseits verunsichern Meldungen über Imitatkäse oder Pestizidrückstände in Obst und Gemüse die Verbraucher. Immer billigere Lebensmittel und doch hohe Qualitätsansprüche - wie passt das eigentlich zusammen?

"Aldi senkt die Preise, nie die Qualität! Wir bieten Ihnen den niedrigsten Preis, der bei hoher Qualität möglich ist", verspricht beispielsweise der Marktführer unter den Discountern vollmundig in großen Zeitungsanzeigen. Die Verbraucherorganisation Foodwatch, die gerade in der vergangenen Zeit zahlreiche Missstände bei Nahrungsmitteln anprangerte, sieht darin aber keinen Widerspruch. "Es tobt ein Preis- und kein Qualitätswettbewerb", sagt Sprecher Martin Rücker. Gerade Discounter würden nicht unbedingt immer die schlechteste Qualität anbieten. Das zeigten auch zahlreiche Verbrauchertests.

Qualitäten kaum zu unterscheiden

Für die Verbraucher sei es ohnehin kaum möglich, in den Supermarktregalen gute von schlechter Qualität zu unterscheiden. Mit der Verpackung werde beispielsweise nur suggeriert, dass der Inhalt hochwertiger ist und damit auch seinen Preis haben muss. Rücker nennt dabei Milch als Beispiel. Hier sei nicht zu erkennen, ob sich hinter der feinen Glasflasche mit schönem Etikett von glücklichen Landkühen auch ein besserer Inhalt verberge als in der Tetrapackung einer billigeren No-Name-Handelsmarke. "Gerade bei Milch ist es schwierig nachzuvollziehen, auf welcher Weide die Kühe standen und wie die Milch verarbeitet wurde."

Nach Rückers Beobachtungen gibt es aber durchaus Verbraucher, die weiterhin bereit sind, für gute Lebensmittelqualität tiefer ins Portemonnaie zu greifen. Das zeige beispielsweise die Entwicklung auf dem Biomarkt. Zwar stagniere dieser insgesamt. Doch Rückgänge verzeichnen vor allem die Bio-Angebote der Discounter, der Absatz von klassischen Bioprodukten mit anerkanntem Gütesiegel laufe hingegen weiter gut.

Zwei Verbrauchertrends

Auch die Marktforscher beobachten zwei Trends: Zum einen wird immer weniger für Ernährung ausgegeben. Zum anderen stehen Werte wie Verantwortung, Vertrauen und Sicherheit wieder hoch im Kurs. Und das sicher auch als Reaktion auf die zahlreichen Lebensmittelskandale und Berichte über Mogeleien bei Verpackungen und Inhaltsstoffen.

Nach Einschätzung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) kauft mittlerweile fast die Hälfte der Deutschen Lebensmittel und Getränke so preisgünstig wie möglich ein. Beim Autofahren schränkten sich hingegen nur knapp 22 Prozent ein. Auch die Gesamtausgaben für Nahrungsmittel und Getränke sind im Krisenjahr 2009 zurückgegangen. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes waren es im vergangenen Jahr nur noch 193 Milliarden, nach rund 195 Milliarden Euro in 2008. Der GfK zufolge dürfte auch in diesem Jahr die Zahl der Menschen, die sich immer weniger leisten können und auch bei Lebensmitteln sehr auf den Preis achten müssen, noch mal zunehmen.

Grundrecht auf gesunde Ernährung

Das Ringen um mehr Transparenz bei den Lebensmitteln zeigt sich auch an der Debatte um die Ampelkennzeichnung. Mit den Ampelfarben Rot, Gelb und Grün sollen die Hersteller zu Angaben über den Gehalt von Fett, Zucker und Salz verpflichtet werden. Einen Beitrag zu mehr Information leistet bereits der Einzelhandel: So werden jetzt Daten zu möglichen Pestizidrückständen bei Obst und Gemüse zentral gesammelt. Ziel ist eine Datenbank, die helfen soll, die Einhaltung der zulässigen Höchstgrenzen besser zu überprüfen und Fehlentwicklungen schneller zu erkennen. Für Foodwatch ist es sogar ein Grundrecht, dass jeder Verbraucher die Möglichkeit hat, sich ausgewogen zu ernähren: "Da reicht es nicht, nur zu sagen, die Leute müssen satt werden."

dpa