Am Donnerstagabend, 24 Stunden vor der Eröffnungsfeier im BC Place Stadium, ist Olympiapfarrer Thomas Weber in Vancouver angekommen. Unterkunft finden, das religiöse Zentrum erkunden, erste Kontakte knüpfen – erlebnisreiche Stunden für den geistlichen Betreuer des deutschen Olympiateams. Auch seelsorglich gibt es schon jede Menge zu tun. Der Tod des georgischen Rodler Norad Kumaritaschwili, der am Freitag im Training verunglückte, hat einen Schock ausgelöst. "Oft ist das Gespräch auf den getöteten Sportler gekommen", berichtet Weber.
Der Geistliche aus Gevelsberg bei Wuppertal und sein katholischer Kollege Hans-Gerd Schütt – beide sind in einer Kirchengemeinde in Vancouver untergebracht – erlebten die Eröffnungsfeier auf einer Großleinwand in der Innenstadt. Am Samstag konnte Weber dann selbst einen Wettbewerb erleben – er war im Pacific Coliseum beim Shorttrack. Der Kurz-Eisschnelllauf ist eine relativ junge olympische Disziplin, seit den Spielen von Albertville 1992 im Programm. "Die Kanadier sind stolz, dass sie die Olympischen Spiele ausrichten dürfen" berichtet Weber. "Und sie sind besonders begeistert, wenn ihre eigenen Athleten auftreten."
Regen drückt auf die Stimmung
Doch momentan drückt der Regen noch etwas auf die Stimmung in Vancouver. "Der olympische Funke wurde vom Regen etwas weggespült", so der Eindruck des evangelischen Pfarrers. Zudem sei der Druck sehr groß, der vor allem auf die deutschen Sportler laste. "Das nimmt die Öffentlichkeit gar nicht so wahr." Sportförderung und vieles mehr hängen an Erfolgen bei Olympia. Deshalb war die erste Medaille, die Biathletin Magdalena Neuner am Samstag holte, sehr wichtig fürs ganze Team, so Weber. Inzwischen sind weitere Medaillen hinzugekommen, darunter eine goldene für Rodler Felix Loch.
Dabei war zwischenzeitlich gar nicht sicher, ob die Rodelwettbewerbe nach dem tödlichen Unfall überhaupt ausgetragen werden. Der Schock über den Tod von Kumaritaschwili ist noch immer groß. "Wir wollen die Betroffenheit aufgreifen", so Weber. Er und Kollege Schütt wollten noch am Sonntag, vor einem Empfang des Deutschen Botschafters für die Sportler, zu einem ökumenischen Gottesdienst einladen - doch die Vorbereitungszeit war dann doch zu knapp. Die Feier soll in den nächsten Tagen stattfinden. Ein Psalmwort, ein Gebet und eine kurze Andacht sind vorgesehen.
Fahrt nach Whistler
Neben Gesprächen und Begegnungen wollen die Olympiapfarrer auch in den nächsten Tagen Andachten und Gottesdienste anbieten. Die Fahrt von Vancouver nach Whistler in den Coast Mountains, Schauplatz der alpinen Skiwettbewerbe, ist indessen nicht ganz einfach. "Das zieht sich wohl über zweieinhalb Stunden", hat Thomas Weber erfahren. Dort soll es ebenfalls einen Gottesdienst geben. "Genaueres müssen wir aber noch rauskriegen."
"Unsere Aufgabe ist es, da zu sein und ein offenes Ohr zu haben", beschreibt der evangelische Pfarrer seine grundsätzlichen Aufgaben. Das begann schon beim Hinflug von Frankfurt nach Vancouver, als das Eishockey-Nationalteam im gleichen Flugzeug saß. Ungefragt, so Weber, fingen einige Mitglieder an zu erzählen – von Robert Müller, dem ehemaligen Nationaltorwart, der im vergangenen Jahr 28-jährig an einem Gehirntumor starb. "Da kommt man selbst ins Nachdenken", so Weber, "das sind ganz elementare Dinge."