Iran: Das Regime mobilisiert seine Anhänger

Iran: Das Regime mobilisiert seine Anhänger
Nach tagelangen Protesten der iranischen Opposition hat die Regierung am Mittwoch ihre eigenen Anhänger mobilisiert. Die Lage in dem Land wird zunehmend angespannt.

Bei staatlich organisierten Solidaritätskundgebungen gingen nach Angaben offizieller Medien im ganzen Land Millionen Sympathisanten des erzkonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad auf die Straße. Viele forderten die Todesstrafe für die Anführer der Opposition, die als Gotteslästerer beschimpft wurden. Die Polizei kündigte an, künftig mit noch größerer Härte gegen Antiregierungsproteste vorzugehen.

Unterdessen wurde ein bei den blutigen Protesten am Wochenende getöteter Neffe von Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi in einer eilig organisierten Zeremonie auf einem Friedhof im Süden Teherans beigesetzt. Offensichtlich hatten die Behörden befürchtet, im Falle einer größeren Trauerfeier für Ali Mussawi könnte es zu neuen Protesten kommen.

Gezielt getötet

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag) wurde der 35-Jährige gezielt getötet. Er sei von fünf Männern in einem Wagen verfolgt und dann von hinten erschossen worden, schreibt die Zeitung unter Berufung auf den in Paris lebenden iranischen Filmregisseur Mohsen Mahmalbaf, der als Freund und Sprecher der Familie Mussawi gilt.

Drei Tage nach den blutigen Ausschreitungen zwischen Gegnern der Regierung und Sicherheitskräften mit mindestens acht Toten versammelten sich am Mittwoch allein in Teheran zehntausende Regierungsanhänger. Die Demonstranten skandierten "Tod für Mussawi" und forderten von der Justiz, ihnen zu erlauben, sich an Oppositionsanhängern zu rächen, weil sie durch ihre Proteste anlässlich der Aschura-Feiern am vorigen Sonntag dieses heilige Fest entweiht hätten.

Gott oder Teufel

Es müsse einen Unterschied geben zwischen der "Partei Gottes" und der "Partei des Teufels", sagte Ajatollah Mehdi Aalamolhoda, ein Anhänger Ahmadinedschads, in seiner Rede bei der zentralen Veranstaltung in Teheran. Jene, die das islamische System untergraben würden und islamische Werte beleidigten, seien Feinde Gottes. Er rief die Justiz auf, den Oppositionsführern eine Frist zu setzen, um Reue zu zeigen für ihr "gotteslästerliches Tun". Andernfalls müssten sie als Feinde Gottes gebrandmarkt werden und die Konsequenzen tragen. Daraufhin brüllte die Menge: "Mussawi und (Oppositionspolitiker Mehdi) Karrubi müssen hingerichtet werden."

Die Veranstaltungen in Teheran wurden vom Staatsfernsehen live übertragen. In den vergangenen beiden Tagen hatte der Sender nahezu alle Sendungen Schmähprogrammen gegen die Opposition gewidmet, die im Dienste ausländischer Staaten stehe. Auch bei den Protesten am Mittwoch wurden Rufe wie "Nieder mit den USA, Israel und Großbritannien" laut.

Polizei droht mit Härte

Der iranische Polizeichef General Ismail Ahmadi Mokaddam kündigte eine schärfere Gangart gegen Regierungsgegner an. 120 Polizisten seien am Sonntag verletzt worden. Auch zwei Polizeiautos und Motorräder seien angezündet worden. "Von jetzt an werden wir härter gegen sie vorgehen", sagte er vor Journalisten. Nach seinen Angaben wurden am Wochenende 500 Demonstranten festgenommen, die Geheimpolizei habe weitere Personen verhaftet. Der Opposition nahe stehende Webseiten berichteten dagegen von mindestens 800 Festgenommenen, darunter 300 allein in Teheran. Zusätzlich seien mindestens 18 Vertraute Mussawis hinter Gitter gebracht worden.

Mokaddam wies Berichte zurück, wonach ein Polizeiauto am Sonntag in die Demonstranten gefahren war und zwei Menschen getötet habe. Die Beiden seien von einem gestohlenen Wagen angefahren worden. Der US-Sender CNN hatte ein verwackeltes Video ausgestrahlt, auf dem zu sehen ist, wie ein grünweißer Pickup-Wagen der Polizei in eine Menge rast und unter den Schreien der Umstehenden einen Demonstranten überfährt. Die Bilder, die im Internet verbreitet wurden, sollen am Sonntag gemacht worden sein. Ihre Echtheit lässt sich nicht prüfen

dpa