Immer mehr Städte sperren sich gegen "Stinker"

Immer mehr Städte sperren sich gegen "Stinker"
Das Netz von Umweltzonen in Deutschland wird immer größer, die Einfahrbedingungen für die Autofahrer werden wie in Berlin und Hannover zum Jahreswechsel schärfer.

Am Freitag erhöht sich die Zahl der für "Stinker" verbotenen innerstädtischen Zonen von 34 auf 40. Neu reglementiert werden damit die Innenstädte von Bonn, Münster, Osnabrück, Heidelberg, Freiburg sowie Pfinztal bei Karlsruhe. Dort bleibt chancenlos, wer für seinen alten Wagen keine amtliche Plakette hinter der Windschutzscheibe kleben hat. Nach EU-Vorgaben müssen neben dem Feinstaub jetzt zusätzlich Grenzwerte für Stickoxide eingehalten werden, die beide zu gefährlichen Atemwegserkrankungen führen können.

Der Streit um die Entlastungswirkung von Umweltzonen von Befürwortern und Gegnern geht indessen weiter. So will der Autofahrerclub ADAC seinen Kampf gegen die Umweltzonen fortsetzen. "Der Club gibt nicht auf", sagte der ADAC-Vorsitzende in Berlin-Brandenburg, Walter Müller. Nach Überzeugung des Clubs haben Umweltzonen keinen Einfluss auf die Feinstaubbelastung in den Städten und führen nicht zu besserer Luft. Protest kommt auch von Handelskammern, die wirtschaftliche Bedenken anmelden.

Zwei Städte besonders streng

Münster will anders als die übrigen Umweltzonen-Neulinge keine roten Plaketten zulassen, die für Autos mittleren Alters der Schadstoffklasse Euro 2 bestimmt sind. Die abgestuft besseren Schadstoffklassen 3 (gelb) und 4 (grün) haben dort und in anderen Umweltzonen vorerst zumeist keine Probleme. Berlin und Hannover, die vor zwei Jahren mit Umweltzonen - von Köln gefolgt - gestartet waren, wollen allerdings von 2010 an auch schon die "Gelben" aussortieren und nur noch die "Grünen" reinlassen.

Das erhöht den Anreiz, durch eine Nachrüstung von Rußpartikelfiltern in ältere Dieselautos die gelbe doch noch gegen eine grüne Plakette auszutauschen und freie Fahrt zu haben. Die staatliche Bundesförderung dafür von 330 Euro in bar wird noch für 2010 verlängert und soll auf kleine Transporter ausgedehnt werden. In Berlin zum Beispiel herrscht zurzeit aber Filtermangel in den Werkstätten, so dass hier für die erste Zeit eine Kulanzregelung vereinbart wurde. Auch sonst gibt es zahlreiche Ausnahmen. Dazu gehört in Berlin, dass erwischte Fahrer mit gelben Plaketten im Januar noch vor dem sonst üblichen Bußgeld von 40 Euro und einem Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei verschont bleiben.

Mittel gegen Feinstaubbelastung

Die Umweltministerin von Baden-Württemberg, Tanja Gönner (CDU), widersprach häufigen Behauptungen aus der örtlichen Wirtschaft, die Umweltzonen hätten kaum etwas gebracht. Sie sieht darin im Gegenteil sogar das wirksamste Mittel gegen gesundheitsschädlichen Feinstaub. An Deutschlands Ort mit den höchsten Werten - dem Neckartor im Stuttgarter Kessel - sei die Konzentration der Werte um 15 Prozent zurückgegangen, sagte sie.

Baden-Württemberg hat mit nun 18 Städten die meisten Umweltzonen, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 14 - darin vor allem auch die Ruhr-Rhein-Schiene von Dortmund über Recklinghausen, Duisburg, Düsseldorf und Köln. Drei sind in Bayern (München, Augsburg und Neu-Ulm), zwei in Niedersachsen (Hannover und Osnabrück), je eine in Hessen (Frankfurt), Bremen und Berlin. In München tritt ein Verbot für Autos mit roter Plakette erst zum 1. Oktober 2010 in Kraft. Neue Umweltzonen zeichnen sich bereits für Regensburg, Neuss und Leipzig ab. Allein im Gebiet des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet fahren nach Angaben des Düsseldorfer Umweltministeriums 1,5 Millionen Autos. Darunter sind 60.000 Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß, die keine Plakette bekommen können.

Berlin überschreitet Grenzwert

Berlin kann auch nach zwei Jahren Umweltzone nicht die Feinstaubrichtlinie der EU einhalten. Sie verlangt, dass die Konzentration gesundheitsschädlicher Partikel pro Kubikmeter Luft höchstens an 35 Tagen im Jahr ein Tagesmittel von 50 Mikrogramm überschreiten darf. Diesen Grenzwert hat die Bundeshauptstadt schon im November hinter sich gelassen. Wegen der Lieferengpässe bei Rußfiltern erteilen die Bezirksämter bereits seit einiger Zeit eine Ausnahmebescheinigung vom Fahrverbot, wenn von der Werkstatt die Bestätigung für eine verbindliche Rußfilterbestellung vorliegt. Sie kostet 25 Euro und gilt laut Umweltverwaltung solange, bis der Filter eingebaut ist. Ausnahmeregelungen gibt es auch für Dieselautos, die nachweisbar nicht umzurüsten sind.

dpa