Horst Ermert: Nein, die Sektkorken haben vorerst nicht geknallt. Erst mal hat es uns der Gesetzgeber ganz schön schwer gemacht. Wir müssen künftig ja steuerlich genau trennen zwischen der Übernachtung und anderen Leistungen - das bedeutet, dass das jetzt in den Buchungssystemen, also in der Software der Hotels, geändert werden muss. Und auch viele andere Vorbereitungen fürs neue Jahr müssen jetzt noch mal angefasst und durchgecheckt werden, zum Beispiel die Absprachen, die mit Unternehmen getroffen wurden. Denn auch Firmen, die bei uns buchen, sind ja betroffen: Für sie wird es teurer, wenn die Hotels die Endpreise halten. Sie können sich dann weniger Vorsteuer zurückerstatten lassen - das ist eindeutig eine Preiserhöhung, das kann man nicht wegdiskutieren. Insgesamt steht uns jetzt bis Jahresende noch ein umfangreiches Werk an Arbeit bevor!
Wie es die Hotels im einzelnen Fall mit den Unternehmen handhaben werden, kann ich nicht sagen. Die meisten Hotels haben aber signalisiert, dass sie den Preis nicht senken werden. Dafür gibt es auch gute Gründe. Wir als Verband christlicher Hoteliers empfehlen folgende Argumentation: Erstens kommt ein gewisser Teil einem guten Zweck zugute. Alle VCH-Hotels investieren in soziale Projekte - die in kirchlicher Trägerschaft sogar ihren gesamten Gewinn. Zum Beispiel betreibt die Stadtmission in Berlin sieben Häuser. Wenn dort Gewinn erwirtschaftet wird, fließt der automatisch in Sozialprojekte der Stadtmission - also auch alles, was durch die Mehrwertsteuersenkung an Mehrerlös unterm Strich übrigbleibt. Das ist aber nur ein kleiner Teil.
Zeitgeist und Renovierungsstau
Der zweite Punkt hat mit der Situation unserer Branche zu tun. Grundsätzlich ist unser Markt in Deutschland gewaltig hart. Die Kettenhotels arbeiten mit Preisen, mit denen wir in der privaten Hotellerie nicht mithalten können. Seit Jahren gab es keine Preiserhöhungen. Wir müssen nun dringend, um gegenüber der Kettenhotellerie bestehen zu können, Qualitätssicherung betreiben und mehr in Mitarbeiterschulung investieren. Absprachen mit Schulungsunternehmen sind schon getroffen.
Der dritte Teil sind Investitionen in Zimmer. Man muss schon sagen, dass es da an vielen Stellen einen Renovierungsstau gibt. Früher, bis vor 3 bis 4 Jahren noch, hieß es, dass man alle fünf Jahre ein Haus zu renovieren hat, das müssen Sie heute alle zwei bis drei Jahre machen. Nicht weil die Gäste mehr randalieren! Aber wegen sich schneller änderndem Geschmack, wegen Auflagen wie Feuerschutz- und Sicherheitsbestimmungen, aber auch wegen der zunehmenden Allergien. Oder nehmen Sie das Thema Barrierefreiheit, das uns besonders am Herzen liegt: Da geht's nicht nur um Rollstuhlfahrer, sondern auch um die älter werdende Bevölkerung. Ich hab's am eigenen Leib erfahren dieses Jahr - da merken Sie erst mal, wie viel kleine Hilfestellungen wie eine höhere Toilette oder ein verstellbares Bett ausmachen.
Zuletzt hat die Rezession in vielen Bereichen bis zu 30 Prozent des Geschäfts gekostet. In Hamburg beispielsweise ist das Tagungsgeschäft völlig zusammengebrochen, da haben Tagungsräume monatelang leer gestanden. Das sind Einschnitte, die ein privates Hotel erst mal aufarbeiten und finanzieren muss! Die Steuersenkung ist also eine Hilfestellung für die Hotels - wenn es sich wie beabsichtigt durchsetzen lässt, die Preise unverändert zu belassen. Denn wir wissen ja alle, wie es ist: Wenn es der Markt erfordert, dann wird auch ein VCH-Hotel nicht umhin können, die Preise zu senken - denn die Alternative wäre, auf die Gäste zu verzichten, und das will natürlich keiner tun.