Die frühen Moscheen zu Beginn des Islams im 7. Jahrhundert nach Christus hatten kein Minarett. Der Moscheeturm gehört deshalb nicht zwingend zu einem islamischen Gebetshaus dazu. Mit dem arabischen Wort für Moschee, masjid (= Ort des Niederwerfens, der Anbetung) wurde in vorislamischen Zeiten der Platz um die Kaaba bezeichnet.
Die erste islamische Moschee ließ Mohammed in Medina erbauen, nachdem er von Mekka nach Medina ausgewandert war. Unsicher ist, wann das Minarett zum festen Bestandteil von Moscheen wurde. Das Wort Minarett kommt von dem arabischen "manar" oder "minara", was soviel wie Leuchtturm bedeutet.
Frühe Minarette leuchteten den Weg
Als "Orte des Lichts" wurden in vorislamischer Zeit Leuchttürme für Karawanen bezeichnet. Es könnte sein, dass eben solche Leuchttürme an die neu erbauten Moscheen angegliedert wurden, um Karawanen zu zeigen, wo sich das nächste Gebetshaus befindet. Meistens lagen diese frühislamischen Moscheen mitten in Handelzentren, was solche Leuchttürme ebenfalls für Karawanen noch attraktiver machte.
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In Ägypten und in den alten Moscheen von Medina fand sich zuerst eine erhöhte Plattform für den Muezzin, die später zu Türmen ausgebaut wurde. Damit sollten die Gläubigen den Ruf zum Gebet besser hören. Der Turm des Gebetshauses sollte nach Meinung vieler älterer Rechtsgelehrter jedoch nicht zu hoch sein damit der Gebetsruf gehört werden kann. Heute im Zeitalter des Lautsprechers ist es genau entgegengesetzt: Ein hoher Turm sorgt für eine gute Verständlichkeit des Gebetsrufes.
Doch das Minarett ist nicht nur ein hilfreiches Instrument, um den Gebetsruf hörbar zu machen. Manche Muslime sehen im Minarett ein "alif", den ersten Buchstaben des arabischen Alphabets, mit dem auch der Gottesname Allah beginnt. Für andere weist das Minarett schon aufgrund seiner Form auf Gott hin.
Kirchturm als Minarett
Da es keine religiöse Vorschriften für den Bau von Minaretten gab, entstanden in den verschiedenen Regionen unterschiedliche Baustile: In den christlichen Gebieten von Byzanz und Syrien, in die der Islam vordrang, wurde die Kirchenarchitektur, vor allem die byzantinische, für Moscheebauten zum Vorbild.
Eine der ältesten Moscheen überhaupt, die Große Moschee von Damaskus, wurde an der Stelle einer bedeutenden Kirche errichtet. Der Überlieferung zufolge wurde dabei der Kirchturm als Minarett übernommen.
In dem Pakt des Umar und anderen Gesetzgebungen im Mittelalter ist es den sogenannten "Schutzbefohlenen", den Christen und Juden nicht erlaubt, ihre Gebetshäuser höher zu bauen, als die Gotteshäuser der Muslime.
"Taktlosigkeit der Namensgebung"
Ursula Spuler-Stegemann findet im deutschen Recht gewisse Ähnlichkeiten: In Deutschland dürfen Minarette nicht höher als Kirchtürme sein. Die Islamexpertin sieht in Minaretten keine Machtsymbole, sondern ein Zeichen der Repräsentanz. "Die Menschen in Deutschland und der Schweiz haben ein Problem mit den Minaretten, da durch sie der Islam sichtbar präsent ist", sagt Spuler-Stegemann.
Das eigentliche Problem sieht sie vielmehr in der "Taktlosigkeit der Namensgebung": Viele Moscheen in Deutschland tragen den Namen "al-Fatih", was auf deutsch "der Erobernde" heißt. Andere tragen den Namen "Sophia-Moschee", der auf die "Hagia-Sophia" in Istanbul anspielt - eine ehemalige Kirche, die in eine Moschee umgewandelt wurde. Diese Namensgebungen seien für sie eine Machtdemonstration, nicht der Bau von Minaretten.