EKD-Studie: Kein Spielraum für Steuersenkungen

EKD-Studie: Kein Spielraum für Steuersenkungen
In der aktuellen Debatte über Steuersenkungen hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) Position bezogen. Auf absehbare Zeit gebe es keinen Spielraum für allgemeine Steuersenkungen, heißt es in einer Studie der EKD-Kammer für soziale Ordnung, die am Freitag in Hannover veröffentlicht wurde. Zur Begründung wird auf die Höhe der Staatsverschuldung und die Kosten der Wirtschaftskrise verwiesen.

Im Vorwort schreibt der Vorsitzende des Beratungsgremiums, Gert G. Wagner, künftig werde es aufgrund der Alterung der Gesellschaft zu einer höheren Belastung der Beitrags- und Steuerzahler kommen. Parallel seien mehr öffentliche Gelder für Erziehung und Bildung dringend erforderlich. "So nötig Umstrukturierungen und neue Akzentsetzungen in vielen Einzelfällen sind, so wenig ist auf absehbare Zeit Raum für allgemeine Steuersenkungen", folgert der Wirtschaftsprofessor.

Steuermoral darf nicht sinken

Die aus der Finanzmarktkrise herrührende neue Schuldbelastung sei eine "Hypothek für die kommenden Generationen", stellt die Studie fest. Eine steuerliche Gesamtentlastung sei vor diesem Hintergrund kaum darstellbar. Vorstellbar seien allenfalls Korrekturen innerhalb des Steuersystems. Dabei müssten Vereinfachung, Gerechtigkeitsempfinden und Abbau von überholten Subventionen zugunsten von Familienförderung und Bildung im Vordergrund stehen, wird empfohlen. So wird eine Ergänzung des Ehegattensplittings befürwortet. Denkbar sei ein Grundfreibetrag für alle Mitglieder einer Familie. Auch Einrichtungen, die Familien bei Erziehung und Bildung unterstützten, müssten besser gefördert werden.

In der Studie heißt es, dass sich in der Akzeptanz der Besteuerung die Selbstverpflichtung der Bürger zeige, auch materiell zum Gemeinwohl beizutragen. Deshalb sei es besonders problematisch, wenn sich Bezieher hoher Einkommen "aus der Verantwortung schleichen", Schwarzarbeit als Kavaliersdelikt gelte und breite Bevölkerungsschichten wenig sensibel mit der Steuermoral umgehen, ohne die kein zivilisierter Staat gestaltet werden könne. "Unser Staat verdient gerade für seinen Reformbedarf die breite Unterstützung der Bürger - und dies muss sich auch in der Steuermoral ausdrücken", argumentiert Wagner. Das Gemeinwohl leide, wenn die Steuermoral sinke, argumentieren die Autoren: "Steuermoral gehört zu den politischen Tugenden." Dies müsse besonders für die Eliten in Wirtschaft und Gesellschaft gelten.

"Historisch gewachsenes" Steuersystem

Der EKD-Text "Transparenz und Gerechtigkeit - Aufgaben und Grenzen des Staates bei der Besteuerung" erinnert daran, dass Steuerpolitik immer zu kontroversen Diskussionen führt. Unterschiedliche Interessen hätten zwangsläufig zu einem komplexen "historisch gewachsenen" Steuersystem geführt. Gegenüber den Forderungen nach einer systematischen Reform habe dieses System mit mehr als 200 Gesetzen, Verordnungen und weiteren Vorschriften den Nachteil mangelnder Übersichtlichkeit.

Dennoch warnen die Autoren davor, es könnte jemals ein wirklich durchschaubares und vollständig stimmiges Steuersystem geben. Derartige Vorstellungen seien "naiv, ja, politisch gefährlich". Versprechungen eines idealen Steuersystems seien unredlich und politisch gefährlich, heißt es in dem Text weiter. Damit werde das gegenwärtige Steuersystem grundsätzlich diskreditiert.

Zur Kirchensteuer heißt es, deren Koppelung an die staatliche Einkommensteuer habe in erster Linie praktische Gründe. Hinzukomme, dass der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch für die Kirchensteuer maßgeblich sei. Die Kirche habe ein Interesse daran, dass die Besteuerung "transparent, effizient und gerecht" erfolge.

epd

Die ausführliche Studie ist bei der EKD nachzulesen.