Gesundheit: Koalitionspartner streiten über Beschlüsse

Gesundheit: Koalitionspartner streiten über Beschlüsse
Kommt ein Systemwechsel im Gesundheitswesen oder kommt er nicht? Union und FDP interpretieren den noch gar nicht unterzeichneten Koalitionsvertrag offenbar unterschiedlich.

Noch vor der Unterzeichnung des Vertrags haben die Vereinbarungen zur Gesundheitspolitik für Streit zwischen Union und FDP gesorgt. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt erklärte am Montag im Bayerischen Rundfunk, es werde keinen Systemwechsel geben: "Die Kopfpauschale wird nicht kommen." Die Krankenversicherung werde solidarisch bleiben. Demgegenüber sagte die bayerische FDP-Chefin und künftige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dem Sender, es werde einen deutlichen gesundheitspolitischen Kurswechsel geben.

Rüttgers: Es bleibt erst einmal so, wie es ist

Dobrindt sagte, die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen sollten nicht, wie von der Koalition geplant, einseitig auf die Versicherten verlagert werden. Pauschale Prämien würden eine untergeordnete Rolle spielen. Ein einheitlicher Beitrag pro Versichertem gilt bei Kritikern als unsozial; andere Sozialexperten wie Gert G. Wagner, Mitglied in der Kammer für soziale Ordnung der Evangelischen Kirche, weisen auf den geplanten steuerfinanzierten Sozialausgleich hin: "Das hört sich auf den ersten Blick unsozial an. Muss es aber nicht sein, wenn ein steuerfinanzierter und zielgerichteter sozialer Ausgleich damit verbunden ist", schreibt er in seinem Kommentar zum Koalitionsvertrag auf evangelisch.de.

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Dagegen sagte Leutheusser-Schnarrenberger dem Bayerischen Rundfunk: "Es wird Änderungen geben, es wird langfristig ein anderes Gesundheitssystem geben." Die vereinbarte Regierungskommission habe das klare Ziel, dass es "ab 2011 einen deutlichen Ausstieg aus dem derzeitigen Gesundheitsfonds geben soll". Die künftige Ministerin nannte mehr Wettbewerb über Beiträge zwischen den Krankenkassen und die Entlastung der Arbeitgeber.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) trat indes auf die Bremse. Er sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montagsausgabe): "Es bleibt erst einmal so, wie es ist." Zunächst werde der Milliarden-Zuschuss an die Krankenkassen bezahlt, damit keine Beitragserhöhungen erforderlich seien. Danach werde es um die Weiterentwicklung des jetzigen Systems gehen. Auch bei der Pflegeversicherung werde es keinen Systemwechsel geben, versicherte Rüttgers. Sie werde um private Vorsorge ergänzt.

Blüm: Ein Schlag gegen die Gerechtigkeit

Sein Parteikollege, der frühere Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm, kritisierte die Koalitionsvereinbarungen scharf. Er schrieb in einem Beitrag für den "Tagesspiegel": "Die Sozialpartnerschaft wird langsam, aber stetig platt gemacht." In der Pflegeversicherung werde der schleichende Ausstieg aus der gemeinsamen Verantwortung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer für den Sozialstaat fortgesetzt. Der geplante Einstieg in die Kopfpauschale sei "ein Schlag gegen die Gerechtigkeit", kritisierte Blüm.

Kritik an den Vorhaben der neuen Regierung kam auch von den den Sozialausschüssen der CDU. Der stellvertretende Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Gerald Weiß, sagte dem SWR am Montag, die Passage zur künftigen Finanzierung steigender Gesundheitskosten sei die "problematischste" im ganzen Koalitionsvertrag. Es sei nicht akzeptabel, dass Rentner und Arbeitnehmer die "volle Zukunftslast der wachsenden Gesundheitskosten alleine tragen" müssten. Die Arbeitgeberseite dürfe bei der Finanzierung nicht außen vor bleiben.

epd/evangelisch.de