Im neuen Bundestag sitzen weniger Evangelische

Im neuen Bundestag sitzen weniger Evangelische
Im neu gewählten Bundestag haben zu seiner konstituierenden Sitzung am Dienstag ungefähr 50 evangelische Abgeordnete weniger auf den violett-blauen Stühlen im Reichstag Platz genommen als in der vergangenen Legislaturperiode. Das hängt vor allen mit den Verlusten der SPD zusammen, wo zahlreiche evangelische Abgeordnete ausscheiden, darunter auch bekannte Namen.
26.10.2009
Von Bettina Markmeyer

Die Familienpolitikerin und bisherige kirchenpolitische Sprecherin der Fraktion, Kerstin Griese, verlor ihren Wahlkreis in Nordrhein-Westfalen. Griese, die auch Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche ist, geht als Sozialvorstand zum Diakonischen Werk. Ausgeschieden ist auch der Brandenburger Pfarrer und Außenpolitik-Experte Markus Meckel, Bürgerrechtler und Mitbegründer der Ost-SPD, Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer und Ex-Außenminister der DDR. Ebenso Steffen Reiche, auch er Pfarrer und Mitgründer der Ost-SPD und bis 2004 zweimaliger Minister in Brandenburg. Im vorigen Bundestag hatten die Sozialdemokraten 101 evangelische Fraktionsmitglieder, jetzt sind es noch 46.

Linksfraktion verschiebt Gewichte

Allerdings sind diese Zahlen noch vorläufig. Die Sprecherin des Bevollmächtigen der Evangelischen Kirche in Berlin, Karoline Lehmann, sagt, bei einigen Abgeordneten sei die Konfessionszugehörigkeit noch unklar, weil sie nicht angegeben werden muss.

Wie die Verluste bei der SPD verschiebt auch der Zuwachs bei der Linksfraktion die konfessionellen Gewichte. Es kommen linksseitig im Plenarsaal 22 neue Abgeordnete hinzu. Die Linksfraktion wächst auf 76 Mitglieder. Wie schon in der vorigen Legislaturperiode geben aber nur fünf Mitglieder der Fraktion als Konfession evangelisch an; über Katholiken ist nichts bekannt.

Auch sechs Muslime im Bundestag

Damit steigt der Anteil der konfessionslosen Abgeordneten im Parlament. Nach den vorläufigen Zählungen sitzen im neuen Bundestag 247 statt bisher 182 Abgeordnete ohne Konfessionszugehörigkeit. Die Zahl der evangelischen Abgeordneten sinkt von 242 auf 193. Der katholischen Kirche gehören 176 Abgeordnete an. Im vorigen Bundestag waren es 182. Es gibt außerdem sechs Muslime, zwei mehr als in der sechzehnten Legislaturperiode.

In der CDU liegen die Katholiken immer noch leicht vor den Protestanten. 98 CDU-Mitglieder in der 239 Köpfe starken Unionsfraktion sind katholisch, 87 evangelisch. Bei der CSU ist das Verhältnis traditionell eindeutig: 30 katholische Abgeordnete stehen fünf Protestanten gegenüber. Der um 76 Sitze auf 146 Sitze geschrumpften SPD-Fraktion gehören 46 evangelische und 22 katholische Abgeordnete an.

FDP ist evangelischste Fraktion

Die FDP ist relativ gesehen nach wie vor die "evangelischste" Fraktion. Sie hat bei 93 Mitgliedern 35 evangelische Abgeordnete, darunter auch einen Pfarrer. Von den Grünen geben immer weniger Abgeordnete ihre Religionszugehörigkeit öffentlich an. Im vorigen Bundestag waren es 27, jetzt sind es 46 Fraktionsmitglieder ohne Angabe. 15 der 68 grünen Fraktionsmitglieder sind evangelisch, sechs katholisch.

SPD und Linksfraktion müssen neue kirchenpolitische Sprecher wählen, die Sozialdemokraten als Nachfolger oder Nachfolgerin für Kerstin Griese, die Linksfraktion für den nach Thüringen gegangenen Bodo Ramelow. Bei der Union könnte es wieder auf die bisherige kirchenpolitische Sprecherin, die Katholikin Ingrid Fischbach (CDU) hinauslaufen, bei der FDP auf den Katholiken Hans-Michael Goldmann und bei den Grünen ist die Wiederwahl von Josef Winkler wohl sicher. Winkler und Goldmann gehören dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken an.

Entscheiden wollen alle Fraktionen erst nach der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments am 27. Oktober und der Wahl von Angela Merkel (CDU) zur Kanzlerin einen Tag später.

epd