Union und FDP kommen sich bei Finanzen näher

Union und FDP kommen sich bei Finanzen näher
Zwei Tage vor dem geplanten Abschluss der schwarz- gelben Koalitionsverhandlungen sind sich Union und FDP beim zentralen Streitpunkt Finanzen näher gekommen. Beim zweiten offenen Streitpunkt Gesundheit gab es aber anders als erwartet am Mittwoch offiziell kaum Fortschritte.

CSU-Chef Horst Seehofer sagte nach mehr als achtstündigen Koalitionsverhandlungen am Mittwochabend in Berlin, man sei sich über Steuersenkungen einig. Einzelheiten zur Größenordnung nannte er nicht. Der bayerische Ministerpräsident fügte aber hinzu, natürlich messe er sich "an dem, was wir im Kern den Menschen versprochen haben". Seehofer ergänzte: "Ich bin sehr zufrieden." Auch der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatte zuvor von einer Annäherung gesprochen. Im Laufe des Tages waren die Verhandlungen nur langsam vorangekommen. Es hake an vielen Stellen, sagten Teilnehmer am Abend.

Am Donnerstag Nachmittag setzen CDU, CSU und FDP die Schlussberatungen fort. Die drei Parteien wollen den Koalitionsvertrag bis spätestens Samstag endgültig beschließen. Bis dahin soll auch über die personelle Besetzung der schwarz-gelben Bundesregierung entschieden sein. Die letzte Phase der Koalitionsverhandlungen wird begleitet von scharfer Kritik an dem geplanten Nebenhaushalt von etwa 60 Milliarden Euro zur Entlastung der Sozialkassen.

Entlastung schon 2010

Die Höhe der angepeilten Steuerentlastungen zählt zu den großen Brocken der Verhandlung. Die FDP hat im Wahlkampf 35 Milliarden Euro versprochen, die Union ist bereit, 20 Milliarden Euro aufzuwenden. Laut FDP zeichnet sich eine Entlastung in zwei Schritten ab - wobei der erste schon 2010 kommen könnte. Dazu soll schon die Erhöhung von Kindergeld und -freibetrag gehören. Auch Erbschaft- und Unternehmenssteuerreform sollen bereits nächstes Jahr kommen.

Festzustehen scheint, dass die Versicherten künftig mehr für die Pflegeversicherung zahlen müssen: Union und FDP wollen die Bürger verpflichten, neben dem Beitrag jeden Monat einige Euro extra für den Aufbau eines Kapitalstocks zu bezahlen.

Die "Neue Westfälische" berichtete unterdessen ohne Nennung von Quellen, dass sich die Unterhändler von CDU/CSU und FDP nach langen Verhandlungen darauf verständigt hätten, den Gesundheitsfonds als System zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung abzuschaffen. Nach Informationen der in Bielefeld erscheinenden Tageszeitung (Donnerstagsausgabe) sei in den Verhandlungen zur Gesundheitspolitik vereinbart worden, dass im nächsten Jahr eine Regierungskommission eingerichtet werden soll, die die Abwicklung des Gesundheitsfonds auf den Weg bringen solle. Die FDP hat darum gekämpft, den als bürokratisch empfundenen Gesundheitsfonds wieder aufzugeben.

Personalfragen kein Tabu mehr

Einig waren sich die künftigen Partner über die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken. Auf genaue Fristen legten sie sich aber noch nicht fest. Das Verbot, neue Kraftwerke zu bauen, soll bestehenbleiben. Zudem soll die Industrie mehr Geld für die Erforschung von Alternativ-Technologien bereitstellen.

Am Abend hatten die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Guido Westerwelle (FDP) und Seehofer miteinander über das weitere Vorgehen beraten. Dabei waren auch Personalfragen kein Tabu mehr. Entschieden werden soll aber erst am Schluss der Gespräche.

Die Kritik am geplanten Nebenhaushalt zur Absicherung der Sozialkassen hielt an. Der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) warnte in der "Berliner Zeitung" (Donnerstag) davor, bei der Finanzierung die Länder zu belasten: "Die Einnahmen der Länder dürfen wegen der dramatischen Haushaltslage nicht gesenkt werden." CSU-Chef Seehofer verteidigte den Nebenhaushalt dagegen am Abend. Es gebe bereits Sondervermögen für Konzerne und Banken. "Jetzt haben wir einSondervermögen für Arbeitnehmer. (...) Das ist völlig korrekt, ist transparent, entspricht dem Haushaltsrecht und ist von der Sache her geboten."

Auch Handwerkspräsident Otto Kentzler wies die Kritik zurück. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) sagte er: "Das ist kein finanzpolitischer Taschenspielertrick." Im Gegenteil würden so die krisenbedingten Kosten deutlich gemacht, die auf die Beschlüsse der großen Koalition zurückgingen.

dpa