Ostrom teilt sich den Preis mit ihrem US-Wirtschaftswissenschaftlerkollegen Oliver Williamson. Ich weiß die Ehre zu schätzen, die erste Frau zu sein - aber ich werde nicht die letzte sein", sagte Ostrom, nachdem das Preiskomitee am Montag in Stockholm die Preisträger bekanntgegeben hatte. Seit der ersten Vergabe des Wirtschaftspreises 1969 waren ausschließlich Männer ausgezeichnet worden. 50 der bislang 64 Preisträger haben ihre Forschung in den USA betrieben.
Eine der ersten Reaktionen der frisch gebackenen Wirtschafts-Nobelpreisträgerin galt dem Nachwuchs: Sie wolle ihr Preisgeld möglichst Studenten und der Forschung geben, sagte die überwältigte US-Professorin Elinor Ostrom kurz nach der Verkündung. Auch ihr ganzes wissenschaftliches Leben widmete die 1933 in Los Angeles geborene Ostrom anderen: Dem Wohl der Gesellschaft und dem Umgang mit knappen öffentlichen Gütern wie Wasser und Landbesitz. Nun hofft sie, dass ihre Ergebnisse auch beim Kampf gegen den Klimawandel helfen können.
"Ungleichheit ist gefährlich"
Ein Markenzeichen Ostroms ist ihr wissenschaftlicher Einsatz gegen ungleiche Verteilung. "Ungleichheit ist gefährlich", warnte sie. Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte sie vor gut zwei Jahren: "Schauen Sie sich nur manche dieser Managergehälter in Amerika an. Die sind zum Teil einfach obszön." Staatliche Regelungen hält die Expertin bei wirtschaftlichen Problemen aber zumeist für wenig hilfreich. "Einheitslösungen" lehnt sie ab. Vielfalt und Wettbewerb seien der bessere Weg.
Ostrom zählt zu den weltweit führenden Umwelt-Ökonomen. In der Begründung der Königlich-Schwedischen Wissenschaftsakademie hieß es, die 1933 geborene Ostrom habe gezeigt, "wie gemeinschaftliches Eigentum von der Allgemeinheit ('organisierten Verbrauchern') erfolgreich verwaltet werden kann". Unter anderem untersuchte sie, wie örtliche Gemeinschaften knappe Naturressourcen wie Teiche und Wälder in öffentlichem Besitz verwaltet haben und kam zu dem Ergebnis, dass dies überraschend rational und erfolgreich geschehen sei.
Über Williamson von der Berkeley-Universität in Kalifornien hieß es, er habe Modelle zur Konfliktlösung mit Hilfe von Unternehmensstrukturen entwickelt. Das schwedische Komitee-Mitglied Mats Persson sagte über Gemeinsamkeiten bei der Arbeit beider Preisträger: "Beide haben untersucht, wie uns andere Kräfte als die des Marktes zu organisierter Zusammenarbeit bringen können."
"Kaffee echt gebraucht"
"Ich bin noch immer ein bisschen geschockt", sagte Ostrom in einer ersten Reaktion. Als am frühen Montagmorgen das Telefon klingelte, habe sie angesichts der Überraschung als nächstes schnell zum Morgenkaffee gegriffen. "Den habe ich echt gebraucht." Nicht nur beim Nobelpreis jetzt - auch bei anderen Wissenschaftsehrungen war Ostrom oft die erste weibliche Preisträgerin. Zur Nobel-Auszeichnung meinte sie bescheiden: "Es gibt viele, die sich mächtig angestrengt haben. Für diesen Preis ausgewählt zu werden, ist eine große Ehre."
Ostrom lehrt Politikwissenschaften an der Universität von Indiana in Bloomington, versteht sich aber als politische Ökonomin. Ihren Doktortitel erwarb sie 1965. Die "Grande Dame" ihres Spezialgebiets verknüpft Sozialwissenschaften und Wirtschaft - so wie der nun gemeinsam mit ihr vom Nobelpreis-Komitee geehrte US-Professor Oliver Eaton Williamson (77) von der kalifornischen Berkeley-Universität.
Wirtschaftspreis kein traditioneller Nobelpreis
Der Ökonomie-Preis wurde nicht wie die anderen Nobelpreise 1895 von dem schwedischen Industriellen und Erfinder des Dynamits, Alfred Nobel (1833-1896) gestiftet. Er geht auf eine Stiftung 1968 zurück und heißt offiziell "Preis der schwedischen Reichsbank für Wirtschaftswissenschaften zum Andenken an Alfred Nobel". Einige der für die anderen Nobelpreise zuständigen Gremien verlangen seit Jahren die Abschaffung des Wirtschaftspreises.
Er wird aber dennoch gemeinsam mit dem Nobelpreis für Literatur und den wissenschaftlichen Preisen für Medizin, Physik und Chemie traditionell am 10. Dezember, dem Todestag Nobels, im Stockholmer Konzerthaus durch Schwedens König Carl XVI. Gustaf verliehen. Der diesjährige Friedensnobelpreisträger, US-Präsident Barack Obama, erhält seine Auszeichnung am selben Tag in Oslo überreicht.