Pflichtschuldiges zu Kirchen und Religionen

Pflichtschuldiges zu Kirchen und Religionen
Am Sonntag um 18 Uhr geht ein Wahlkampf zu Ende, der zwar weitgehend fair verlief, aber ohne echte Spannung blieb. Viele wichtige Fragen blieben unbeachtet, auch zum Thema Kirche und Religionen haben die Parteien offenbar nur wenig zu sagen.
21.09.2009
Von Bernd Buchner

Der Kampf ums Kanzleramt ist eine innerprotestantische Angelegenheit: Die lutherische Pfarrerstochter Angela Merkel verteidigt ihren Job gegen den reformierten Christen Frank-Walter Steinmeier. Dass sich CDU-Regierungschefin und sozialdemokratischer Kandidat im Wahlkampf samt TV-Duell mit Samthandschuhen anfassen, hat wohl eher damit zu tun, dass sie bisher gemeinsam regieren, als mit ihrer mehr oder weniger engen Kirchenbindung. Kirchen und Religionen jedenfalls werden in den Wahlprogrammen der Parteien eher stiefmütterlich behandelt. Außer ein paar wohlklingenden Floskeln findet sich dort wenig Greifbares.

Die Linkspartei mit dem Jesuitenschüler Oskar Lafontaine und dem bekennenden Atheisten Gregor Gysi an der Spitze macht aus ihrem Bezug zum Thema kein großes Geheimnis: Die Begriffe "Kirche" oder "Christentum" tauchen in ihrem Wahlmanifest nicht auf. Von Religionen allgemein ist nur in einigen Passagen die Rede, wenn es etwa um die Gleichberechtigung von Menschen geht – die unabhängig von Rasse, Geschlecht und so weiter zu gelten habe. Auch der Islam findet bei den Linken nirgendwo Erwähnung.

Grüne wollen kritische Debatte

Anders die Grünen: In ihrem Wahlpapier findet sich ein ausführliches Kapitel über den Islam, "die zweitgrößte religiöse Gruppe in Deutschland". Die hier lebenden Muslime sollten gleichberechtigt sein und besser integriert werden, heißt es da kritisch – die ohne verbindliche Ergebnisse gebliebene Islamkonferenz sei nicht ausreichend. Stiefmütterlich hingegen behandelt die Öko-Partei, die ihren jüngsten Parteitag in der Auferstehungskirche in Berlin-Friedrichshain abhielt, die Kirchen: Sie werden im Programm nur an einer einzigen Stelle thematisiert, wenn es darum geht, eine "kritische Debatte" über ihre Rolle im Bildungssystem anzustoßen.

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Das klingt bei den beiden "C"-Parteien schon etwas freundlicher. Das Unions-Wahlprogramm misst den Kirchen eine "große Bedeutung für das geistliche Klima und das menschliche Miteinander" im Land zu, würdigt die christliche Sozialarbeit und wirbt für konfessionellen Religionsunterricht in allen Ländern. Doch die Formulierungen von CDU und CSU klingen ähnlich pflichtschuldig wie bei der SPD, in deren Papier es heißt: "Eine solidarische Bürgergesellschaft ist ohne den Einsatz von Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht denkbar."

Was sind "nichtkirchliche Religionen"?

Auch bei der FDP des Protestanten Guido Westerwelle werden christliche Spurensucher nicht wirklich fündig. Die Liberalen wollen gleiche Rechte für Religionsgemeinschaften und den Abbau von Vorurteilen gegen Kirchen. "Im Hinblick auf die gewünschte Einbindung nichtkirchlicher Religionen", heißt es im Wahlprogramm weiter, "sollen im Sinne der Gleichbehandlung im Einvernehmen mit den betroffenen Religionsgemeinschaften rechtliche Regelungen gesucht werden." Nichtkirchliche Religionen? Das verstehe, wer will – von dem amtsschimmeligen Gesamtsatz einmal abgesehen.

So bieder der bisherige Wahlkampf, so unverbindlich erscheinen die Positionen der politischen Gruppierungen mit Blick auf die Religionen. Das gilt selbst dann, wenn man den Charakter der Parteiprogramme als Sammelsurium von Ideen, Gedankenspielen, Kompromissformeln und Verhandlungsmasse für künftige Koalitionsgespräche in Rechnung stellt. Selbst kirchlich relevante Themen wie die Gesundheitspolitik oder bioethische Fragestellungen spielen allenfalls eine untergeordnete Rolle. Das ist schade – auch wenn das Kanzleramt weiterhin in protestantischer Hand bleibt.

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