Die Einstufung von drei Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer stößt bei Experten auf ein geteiltes Echo. In einer Anhörung im Innenausschuss des Bundestages bekräftigte der Asylrechtsexperte Reinhard Marx seine Kritik an den Plänen der Bundesregierung, die auf diese Weise eine schnellere Bearbeitung von Anträgen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina sicherstellen will. Marx warf der Regierung vor, die Kriterien zur Einstufung der Länder nicht ausreichend geprüft zu haben.
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Minderheiten wie Roma könnten in diesen Ländern durchaus als verfolgt angesehen werden, sagte der Jurist. Nach europäischem Recht müsse dafür nicht nur Verfolgung durch den Staat als Grundlage betrachtet werden. Auch die Summe einzelner Diskriminierungen könne ein Recht auf Asyl rechtfertigen, sagte er.
Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, verteidigte dagegen die Pläne und verwies dabei auf die Praxis in seiner Behörde. Die Anträge aus diesen Ländern seien rapide von rund 9.000 im Jahr 2011 auf mehr als 32.000 2013 angestiegen. Weniger als ein Prozent der Antragsteller seien als Flüchtlinge anerkannt worden. Beispiele aus anderen Ländern wie Frankreich zeigten, dass nach der Einstufung eines Landes als sicherer Herkunftsstaat die Anträge sinken würden, argumentierte Schmidt.
Der Ministerialrat im bayerischen Innenministerium, Hans-Eckhard Sommer sagte, die Ressourcen in den Behörden würden dringender benötigt für Menschen, die wirklich schutzbedürftig seien. Als Beispiel nannte er Syrien und Irak. Sommer sagte, er verspreche sich eine "Signalwirkung" von dem Gesetz. An der Verwaltungspraxis werde die Regelung indes kaum etwas ändern, weil die meisten Anträge bereits als offensichtlich unbegründet abgelehnt würden.
Caritas zweifelt an Plänen zur Lockerung des Arbeitsverbots für Asylbewerber
Nach Plänen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) soll noch vor der Sommerpause abschließend im Bundestag über den Gesetzentwurf entschieden werden. Er beinhaltet neben der Einstufung der drei Staaten eine Neuregelung zum Arbeitsverbot für Asylbewerber und Geduldete. Sie sollen künftig bereits nach drei Monaten statt bisher neun beziehungsweise zwölf eine Arbeit aufnehmen dürfen.
Die Caritas-Expertin Barbara Weiser äußerte in der Anhörung am Montag aber erhebliche Zweifel, ob die Regelung den Betroffenen tatsächlich zugute kommen wird. Sie kritisierte, vor allem Geduldete müssten weiterhin erhebliche Hürden überwinden, wenn sie einen Job annehmen wollen. Die Expertin von der Caritas der Diözese Osnabrück verwies auf die Regelung in der Beschäftigungsverordnung, die ein Arbeitsverbot vorschreibt, wenn dem Asylbewerber vorgeworfen wird, er sei vorrangig zum Bezug von Sozialleistungen nach Deutschland eingereist.
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Es sei paradox, den Bezug von Sozialleistungen mit dem Zwang zum Bezug dieser zu bestrafen, sagte Weiser. Zudem verwies sie auf einen anderen Gesetzentwurf aus dem Innenministerium, der ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht, gleichzeitig aber auch bessere Handlungsmöglichkeiten für Fälle schaffen will, in denen Asylbewerbern die Einreise nur zum Zweck des Bezugs von Sozialleistungen unterstellt wird.
Darin solle festgehalten werden, dass bei allen als unzulässig oder unbegründet abgelehnten Asylanträgen der Bezug von Leistungen als Zweck der Einreise angenommen werden solle, erklärte Weiser. Angesichts der hohen Zahlen der im vergangenen Jahr als unbegründet abgelehnten Asylanträge würden die Arbeitsverbote damit im Zusammenhang mit der Regelung der Beschäftigungsverordnung eher steigen als sinken, warnte die Expertin.