Streit um Teilrente ab 60

Streit um Teilrente ab 60
"Nicht realistisch", "falsches Signal" - die Union lehnt den Vorstoß der Gewerkschaften für eine Teilrente mit 60 ab. CDU und CSU wollen stattdessen erreichen, dass Beschäftigte auch im Rentenalter noch arbeiten können, wenn sie das wollen.

Die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) nach einer Teilrente ab 60 Jahren stößt in der großen Koalition auf geteilte Reaktionen: Zustimmung kommt von der SPD, deutliche Ablehnung dagegen aus der Union. DGB-Chef Reiner Hoffman verteidigte am Wochenende den Vorstoß, eine flexibleren Ausstieg aus dem Beruf schon ab 60 Jahren zu ermöglichen.

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Das Gewerkschaftsvorschlag sei nicht realistisch, kritisierte der sozialpolitische Sprecher der Unions-Bundestagfraktion, Karl Schiewerling (CDU), am Samstag: "Vorschläge zur Teilrente mit 60 Jahren setzen falsche Signale und vermindern in aller Regel die Rentenansprüche." Rentenabschläge würden vor allem Menschen mit niedrigeren Gehältern näher an die Armutsgrenze rücken.

Eine klare Absage erteilte auch der Chef der Mittelstandsvereinigung von CDU und CSU, Carsten Linnemann, den Gewerkschaftsforderungen. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart worden, den Erfahrungen und Potenzialen Älterer mehr Geltung verschaffen zu wollen, sagte Linnemann der "Saarbrücker Zeitung" (Samstagsausgabe). "Es geht darum, Beschäftigungshürden abzubauen, statt neue zu errichten", sagte Linnemann.

Verhandlungen zur "Flexi-Rente"

In der kommenden Woche startet die Koalition die Verhandlungen zur sogenannten Flexi-Rente. Sie wurde als eine Forderung der Union in das Rentenpaket mit Mütterrente und der abschlagsfreien Rente mit 63 aufgenommen. Die Flexi-Rente soll nach dem Willen von CDU und CSU ermöglichen, dass Beschäftigte auch nach dem Erreichen des Rentenalters weiter arbeiten können, wenn sie selbst und der Arbeitgeber dies wollen.

DGB-Chef Hoffmann bekräftigte den Vorschlag des Gewerkschaftsbundes, eine Teilrente schon ab 60 Jahren statt wie bisher ab 63 Jahren zu ermöglichen. Der Eindruck, die Gewerkschaften plädierten nun für einen vollen Rentenzugang mit 60 Jahren sei indes "Unsinn". Vielmehr gehe es darum, "gleitende Übergänge in die Rente tarifpolitisch zu gestalten", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Dafür brauch es bessere gesetzliche Rahmenbedingungen, Altersteilzeit oder attraktivere Hunzuverdienstgrenzen bei der Teilrente, die schon ab 60 Jahren beginnen sollte."

SPD fordert Kombinationsmöglichkeiten

Unterstützung dafür erhalten die Gewerkschaften aus der SPD: "Man muss darüber nachdenken, dass die Teilrente früher als mit 63 Jahren in Anspruch genommen werden kann", sagte SPD-Fraktionsvize Carola Reimann den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" (Samstagsausgabe). Sie forderte bessere Kombinationsmöglichkeiten von Rentenbezug und sozialversicherungspflichtiger Arbeit. Bisher werde der Rentenbezug meist nur mit einem Minijob kombiniert.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi zeigte Unverständnis für die Reaktionen aus der CDU: "Die Empörung über den DGB-Vorschlag zu flexibleren Rentenübergängen ist ebenso durchsichtig wie übertrieben." Eine "gesinnungsgetriebene Debatte" und "klassische Reflexe" müssten vermieden werden. Es handele sich um Fragen, die Millionen älterer Menschen beträfen. "Eigens dafür haben wir ja eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die neue Lösungen für einen flexibleren Renteneinstieg finden soll. Die Teilrente könnte Teil einer solchen Lösung sein."

Auch Michaela Rosenberger, Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), begrüßte den DGB-Vorstoß. "Arbeiten bis 67 ist für viele Kellnerinnen und Kellner, für Köche und Zimmerfrauen die reinste Utopie", sagte sie den "Ruhr Nachrichten". "Gerade in Branchen wie der Gastronomie, in der unregelmäßige Arbeitszeiten, großer Stress und körperlich harte Arbeit eher die Regel als die Ausnahme sind, brauchen wir dringend die Möglichkeit zu flexiblen Übergängen in den Ruhestand."