"Ich wünsche mir keine Party am Karfreitag", sagt die evangelische Pastorin und Influencerin Ina Jäckel, deren Beiträge auf Instagram mehr als 30.000 Menschen erreichen. "Aber ich finde, dass es diesem Tag guttun würde, wenn wir weniger vorschreiben und mehr einladen." Gegenseitiger Respekt entstehe aus Begegnung und Verständnis und nicht aus Gesetzestexten, betont die Theologin und Fernsehmoderatorin.
Für viele Christinnen und Christen sei der Karfreitag ein Tag der Stille, der Trauer und inneren Einkehr. "Gleichzeitig erleben wir, dass immer weniger Menschen diese Tradition bewusst mitvollziehen." Deshalb sei die Frage verständlich, ob ein gesetzliches Tanzverbot der richtige Weg sei, um diesen Tag zu schützen. Für viele sei Karfreitag einfach ein Feiertag und die religiöse Bedeutung vielleicht nicht so klar, vermutet die Pastorin, die auch die TV-Sendung "Dingenskirchen" im Nordddeutschen Rundfunk (NDR) moderiert.
Dass einige Menschen den Wunsch hätten, den Tag zum Beispiel mit Musik und Tanzen zu füllen, sei nachvollziehbar. Gleichzeitig sei der Tag für viele Menschen christlichen Glaubens als Tag der Stille ein zentrales Datum. "Das soll ja kein Stimmungskiller sein, es geht eher um eine gelebte Glaubenstradition." Auch ihr eigenes Leben mit vier Kindern stehe an diesem Tag nicht still, sagt Jäckel. Sie selbst spüre daher die Ambivalenz. "Vielleicht sollten wir mehr darüber sprechen, wie wir die Tiefe dieses Tages erfahrbar und nicht nur rechtlich abgrenzen können."
Viele Menschen erlebten Kummer, Verluste oder hätten Fragen, auch ohne religiös zu sein, betont Jäckel. Der Karfreitag sei für diejenigen auch eine Chance, zu erfahren, still sein zu dürfen, nicht immer funktionieren zu müssen und nicht mit allem Schweren allein zu sein. "Ehrlich gesagt wünsche ich mir: Weniger Regeln und mehr echtes Angebot, weniger Verbot, mehr Bedeutung." Es sei möglich, für den Karfreitag einzustehen, ohne andere in ihrer Freiheit einschränken zu wollen, unterstreicht die Pastorin. "Und man kann feiern, tanzen, leben - ohne dabei alles Heilige lächerlich zu machen. Respekt ist doch keine Einbahnstraße."
An den sogenannten stillen Tagen wie dem Karfreitag oder dem Volkstrauertag besteht in allen Bundesländern ein Verbot öffentlicher Tanzveranstaltungen. Im Hintergrund steht die Auffassung, dass Tanz und Ausgelassenheit an solchen "stillen Feiertagen" aus Gründen der Moral, Religion oder Tradition unangemessen sind. Untersagt sind dann auch andere laute öffentliche Veranstaltungen, die über den "Schank- und Speisebetrieb hinausgehen", etwa Sportveranstaltungen, Märkte, Pferderennen, Umzüge oder Volksfeste.