Bei seinem Besuch in Deutschland hat der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., eindringlich zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt aufgerufen. "Das unersättliche und in die Leidenschaften verstrickte Verlangen des Menschen hat zu einer erbarmungslosen Ausbeutung der Schöpfung geführt", sagte er am Mittwochabend im Berliner Dom. Das Ehrenoberhaupt von weltweit 300 Millionen orthodoxen Christen war zuvor mit Bundespräsident Joachim Gauck, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammengetroffen. Bei den Gesprächen ging es um Frieden und Religionsfreiheit.
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An der durch Habgier und Verschwendung entstandenen ökologischen Krise seien alle Menschen in gewissem Maß mitschuldig, sagte Bartholomäus laut Redemanuskript. "Genau deshalb muss diese Krise auch von einem jeden von uns als Aufforderung zur Selbstkritik und Selbstverbesserung angesehen werden", sagte der griechisch-orthodoxe Patriarch. Die Menschen hätten vielfältigere Bedürfnisse als Nahrung und Kleidung geschaffen, die häufig im Überfluss befriedigt würden. "Trotzdem fühlen wir Menschen und bedürftig und arm", sagte er. "Wir sind wohl unersättlich."
Der Ökumenische Patriarch hatte bereits in früheren Reden einen verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen der Umwelt angemahnt. Dies hatte ihm den Titel "grüner Patriarch" eingebracht.
Den Vortrag im Berliner Dom hielt er auf Einladung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Im Anschluss war ein Abendessen mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider geplant. Schneider würdigte Bartholomäus' Engagement für die Umwelt. Der Patriarch habe die Christen immer wieder daran erinnert, "dass ein nachhaltiger Umgang mit der Schöpfung eine unverzichtbare Form des Gotteslobes darstellt", sagte Schneider in seiner Begrüßungsrede.
Bartholomäus warb bei Merkel und Gauck für Frieden
Es gelte, Gottes Gaben zu pflegen und die Schöpfung neu zu entdecken, "anstatt sie gierig und willkürlich auszubeuten", sagte Schneider. Der EKD-Ratsvorsitzende ergänzte, das Engagement für die Bewahrung der Schöpfung übergreife die Konfessionen. Bartholomäus I. bezeichnete er als "wichtigen ökumenischen Partner". Bei dem Treffen wollte Schneider dem Patriarchen ein Buch überreichen, in dem die wichtigsten Übereinstimmungen aus dem Dialog zwischen der EKD und den orthodoxen Kirchen festgehalten sind.
Der ranghohe orthodoxe Vertreter war in Berlin zuvor auch mit dem Bundespräsidenten sowie mit Bundestagspräsident Lammert und Bundeskanzlerin Merkel zusammengetroffen. In den Gesprächen bekräftigte er die Hoffnung auf Frieden und Versöhnung in der Welt, zudem ging es um die Durchsetzung von Religionsfreiheit. In dem einstündigen Gespräch mit Gauck war auch die Situation der Christen in der Türkei ein Thema, wie das Bundespräsidialamt mitteilte. Gauck hatte die Türkei kürzlich besucht und dabei die Verwirklichung von Bürgerrechten angemahnt, was bei Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan für scharfe Kritik sorgte.
Bartholomäus I. ist derzeit zu einem neuntägigen Besuch in Deutschland. Anlass ist das gut 50-jährige Bestehen der griechisch-orthodoxen Metropolie in der Bundesrepublik. Die Metropolie war im Jahr 1963 gegründet worden. In Deutschland leben inzwischen rund 500.000 griechisch-orthodoxe Christen. Am Freitag wird der Patriarch in München erwartet.