"Fühlt, die Steine sind kalt und hart"

Foto: epd-bild/Mathias Ernert
In Ostergäerten und Kinderkreuzwegen wird das Geschehen szenisch nachempfunden.
"Fühlt, die Steine sind kalt und hart"
In Ostergärten und Kinderkreuzwegen erfahren Kinder mit allen Sinnen, warum wir Ostern feiern. Der Leidensweg Jesu und seine Auferstehung werden hier erlebbar.
11.04.2014
epd
Judith Kubitscheck

"Seid ihr bereit für eine Reise in die Zeit Jesu?" Die Kindergartenkinder im baden-württembergischen Sinsheim haben sich Leinen-Gewänder übergezogen und warten vor dem Ostergarten. Die Tür öffnet sich. Kleider und Palmwedel liegen auf dem Boden. Am Wegesrand steht ein Esel aus Pappmaché. "Freut euch, Jesus kommt!" tönt ein Lied aus dem CD-Player.

"Wir möchten, dass die Kinder im Ostergarten in eine andere Welt eintauchen", sagt Koordinatorin Renate Greiner. "Kinder nehmen viel über die Sinne wahr. Ein flackerndes Feuer und ein krähender Hahn - hier gibt es viel zu erleben."

"Kommt, wackelt mal, wie bei einem Erdbeben"

Die Jungen und Mädchen gehen durch eine Allee aus aufgestellten Speeren. Es klirrt, als ihre Füße auf zerbrochene Ziegel treten. Vor ihnen steht ein großes Holzkreuz. "Als Jesus starb, war es plötzlich mitten am Tag dunkel, und die Erde wackelte", erklärt Marianne Zimmermann, die durch die aufwendig aufgebauten Szenen führt.

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Lichtblitze sind am Kreuz zu sehen. "Kommt, wackelt mal, wie bei einem Erdbeben." Die Kinder schaukeln hin und her. "Fühlt, diese Steine sind kalt und hart", sagt Zimmermann und fährt fort: "Manchmal sind wir traurig, wenn sich die Eltern streiten, oder Leute zu uns fies sind." Jedes Kind nimmt einen Stein, befühlt ihn, legt ihn schließlich unter das Kreuz - für das, worüber es traurig ist.

Die Passion Jesu und seine Auferstehung sind für Kinder kein einfaches Thema. Ostergärten, in denen das Geschehen szenisch nachempfunden wird, könnten Kindern interessante Anschauungsmöglichkeiten geben, sagt Friedrich Schweitzer, Professor für Praktische Theologie an der Evangelischen Fakultät in Tübingen.

Im Ostergarten in Sinsheim nehmen Kinder des Eppinger Kindergartens Hellberg am letzten Abendmahl teil.

Generell sei es gut, das Ostergeschehen über Geschichten zu vermitteln. "Am besten erzählt man ihnen die Geschichte von Jesus, wie er nach Jerusalem gekommen ist und dort wie ein König empfangen wurde. Dann können die Kinder verstehen, warum die römischen Machthaber aber auch die jüdische Priesterschaft befürchteten, dass er ihnen ihre Macht streitig machen könnte." So erkläre sich auch für Kinder, warum er aus dem Weg geschafft werden sollte. "Wichtig ist dabei, dass die Kinder wahrnehmen, dass Jesus als Unschuldiger gekreuzigt wurde."

Die Idee der Ostergärten stammt von Lutz und Annette Barth von der badischen Landeskirche, die im Jahr 2000 den ersten Ostergarten in Linkenheim bei Karlsruhe aufbauten. Sie schrieben ein Handbuch, das Grundlage für Ostergärten in ganz Deutschland wurde.

Die Leidensgeschichte Jesu nachempfinden

Noch relativ neu im protestantischen Bereich sind Kreuzwege für Kinder, die den Leidensweg Jesu nachempfinden lassen. Das Team der "Kirche mit Kindern" in der bayerischen Landeskirche hat in einer Arbeitshilfe Ideen für solche Passions- und Osterwege gesammelt.

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Obwohl die Leidensgeschichte Jesu nicht leicht zugänglich sei, könnten Kinder damit sehr wohl etwas anfangen, sagt Markus Hildebrandt Rambe aus Nürnberg, Herausgeber der Arbeitshilfe. "Kinder kennen Leid. Sie machen selbst leidvolle Erfahrungen oder erleben sie bei anderen mit."

Ebenso wie beim Ostergarten werden auch bei den Kreuzwegen die jungen Menschen selbst aktiv: Sie finden auf einem Friedhof Passions-Symbole auf Gräbern und deuten diese. Oder noch moderner: Bei einem Geocaching-Kreuzweg gehen sie mit einem GPS-Empfängergerät auf Schnitzeljagd und suchen anhand geografischer Koordinaten versteckte Boxen. In den Boxen befinden sich Bibeltexte, Postkarten mit Passionsmotiven und einer liturgischen Anleitung.

Bei der "Spurensuche in Jerusalem" backen die Kinder Brot und erinnern sich anschließend an das letzte Mahl Jesu. Ebenso wie Jesus sich salben ließ, zeichnen sie sich gegenseitig mit Öl ein Kreuz auf die Hand und sagen "Gott segne dich." Bei einer weiteren Station stellen sie mit Playmobilmännchen die Passion und Auferstehung Jesu nach.

"Auferstehung ist wie ein Freudenfest"

Aus pädagogischen Gründen sollten Passions- und Osterwege für Kinder nicht mit der Grablegung, sondern der Auferstehung Jesu enden, das ist Hildebrandt Rambe wichtig. Dadurch werde der Leidensweg zu einem Weg der Hoffnung: "Seine Liebe ist so stark, dass sie auch Leid und Tod überwindet."

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Auch im Sinsheimer Ostergarten bleiben die Kindergartenkinder nicht in dem dunklen Raum stehen, in dem ein beleuchtetes Grabtuch zu sehen ist. Wenige Schritte weiter ist Vogelgezwitscher zu hören, ein Brunnen plätschert. "Auferstehung ist wie ein Freudenfest." Zum hebräischen Lied "Hava Nagila" tanzen die Kinder im Kreis.

Ob die fünfjährige Sydney Angst hatte, als sie in dem dunklen Grabraum stand? Heftig schüttelt sie den Kopf. "Aber ich war froh, als alles wieder hell war." Der sechsjährigen Julia hat der Esel aus Pappmaché besonders gefallen und "als wir Steine an das Kreuz gelegt haben". Projektkoordinatorin Greiner ist selbst Erzieherin und weiß, dass Kinder im Vorschulalter noch nicht die gesamte Ostergeschichte verstehen. "Wichtig ist, dass der Ostergarten für die Kinder ein Erlebnis ist. Wenn sie eine persönliche Erfahrung daraus mitnehmen, hat es sich gelohnt."