Zwar sind jetzt schon rund 6.000 Soldaten der Afrikanischen Union und etwa 2.000 der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich in der Zentralafrikanischen Republik stationiert, doch diese schafften es gerade einmal die Hauptstadt Bangui zu sichern, berichtet der Präsident des Islamischen Rates der Zentralafrikanischen Republik, Kobine Layama.
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Er vertritt die Minderheit der gut 10 Prozent muslimischer Bewohner, von denen allerdings mittlerweile die meisten geflohen sind. Wie viele von ihnen mittlerweile Opfer des jahrelangen Rebellenkrieges geworden sind, ist noch gar nicht gewiss. Der Imam begrüßt ausdrücklich, dass die EU jetzt 1.000 zusätzliche Soldaten in sein Land entsenden will.
"Wir brauchen jetzt Ruhe und Stabilität im Land. Eine internationale Friedenstruppe für 3-5 Monate würde uns schon helfen. Es gibt hier praktisch außer in der Hauptstadt keinen funktionierenden Staat mehr, keine Polizei, keine Armee, keine Justiz, nur noch Stämme. Seit Monaten werden keine Gehälter gezahlt, es fehlt an Polizeiautos und Mobiltelefonen für die Sicherheitskräfte. Hier könnte Deutschland schon sehr viel helfen", sagt Pastor Guérékoyame-Gbangou, Präsident der Evangelischen Allianz der Zentralafrikanischen Republik.
Religionen von Rebellen instrumentalisiert
"In den Medien wird das immer als ein Krieg der Muslime gegen die christliche Mehrheit, die rund die Hälfte der Bevölkerung ausmacht und sich nun wehrt, dargestellt. Aber das stimmt nicht. Es ist ein militärisch-politischer Konflikt. Die Religionen werden nur von den jeweiligen Rebellengruppen instrumentalisiert", erklärt der katholische Erzbischof von Bangui und Vorsitzender der Zentralafrikanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Nzapalainga, den anwesenden Journalisten. Noch vor gut zehn Jahren hätten Muslime und Christen meist friedlich zusammen gelebt, sich sogar gegenseitig zu den jeweiligen religiösen Festen besucht.
Als ein Hauptproblem wird von den drei Religionsführern gesehen, dass es viel zu durchlässige Grenzen hin zu den benachbarten Unruheregionen Zentralafrikas gebe. Die Probleme fingen an, als 2003 Präsident François Bozizé mit Unterstützung des Tschad die Macht übernahm, der allerdings mit seiner Politik vor allem für den mehrheitlich christlich geprägten Süden sorgte.
Die mehrheitlich muslimische Bewohner im Nordosten profitierten von der zaghaften wirtschaftlichen Entwicklung überhaupt nicht. Sie opponierten und formierten sich erfolgreich in der Rebellen-Armee der Séléka und übernahmen mit Hilfe aus Darfur die Kontrolle in ihrer Region. Gleichzeitig führten sie erfolgreich Krieg gegen die Armee. Vor ziemlich genau einem Jahr eroberten sie schließlich den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Bangui. Präsident Bozizé floh ins Ausland. Gegen die muslimische Rebellenkoalition Séléka kämpfen zugleich die christlich dominierten Anti-Balaka-Milizen, die als Anhänger Bozizés gelten.
Es droht ein Genozid
Es drohe nun ein Genozid vor allem der muslimischen Minderheit, wenn die internationale Gemeinschaft jetzt nicht massiv auch militärisch einschreitet, betonen alle drei Religionsführer in Berlin.
Jetzt müsse die Zentralafrikanische Republik nach 54 Jahren Unabhängigkeit gerettet werden, sonst würden die Rebellengruppen das Land unter sich aufteilen und es damit faktisch als Staat auflösen. Dann drohe das totale Chaos und eine große Hungersnot, denn schon jetzt sei eine die Gesamtbevölkerung ernährende Landwirtschaft kaum noch aufrecht zu erhalten. Doch wenn der erste Schritt der militärischen Befriedung von außen geschafft sei, fange die eigentliche Arbeit des Friedens für die Muslime und Christen erst an.
"Wir setzen uns für den sozialen Zusammenhalt ein. Wir wollen Friedensbotschafter ausbilden. Wir brauchen Frieden, dazu Menschen, die sich in Dörfern und Gemeinden dafür einsetzen, dass die Wahrheit über die nun stattfindenden Verbrechen ans Licht kommt, die Verbrecher bestraft werden und Versöhnung statt finden kann", kündigt Imam Kobine Layama an.
"Wir wollen in jedem Dorf so etwas wie Wahrheitskommissionen bilden. Haltbarer Frieden kann nur durch konsequente Friedensarbeit an der Basis stattfinden. Muslime und Christen fragen gemeinsam, wie das alles geschehen konnte und wer das alles gemacht hat. Und dafür brauchen wir einen stabilen Staat und eine funktionierende Justiz", so Erzischof Nzapalainga.