Die Reformation vor rund 500 Jahren stellte alle alten Gewissheiten und Traditionen der Kirche in Frage. Und es entstand Neues: Vor 475 Jahren wurde in einem kleinen hessischen Städtchen die Konfirmation erfunden. Vorausgegangen war ein heftiger Streit verschiedener reformatorischer Strömungen um die Taufe.
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Die Bewegung der Täufer nämlich war der Auffassung, dass nur getauft werden kann, wer zuvor auch glaubt. Ein Säugling sei zu einer Glaubensentscheidung aber nicht in der Lage, argumentierten sie. Folglich sei die Praxis der Säuglingstaufe - die auch die führenden Reformatoren nicht in Frage stellten - grundfalsch. Diese und andere Forderungen der Täufer führten in vielen Regionen zu Unruhen und Verfolgungen. Denn sie meinten, sich aus Glaubensgründen der Obrigkeit widersetzen zu dürfen.
Unterricht für alle Kinder in Ziegenhain
Landgraf Philipp von Hessen (1504-1567) jedoch, ein bedeutender politischer Kopf der Reformation, schreckte vor einem gewaltsamen Vorgehen zurück. Er rief den elsässischen Reformator Martin Bucer (1491-1551) zu Hilfe, der auch in Täuferkreisen Anerkennung genoss.
Bucer versuchte, in der Frage der Säuglingstaufe zu vermitteln. Heraus kam folgender Kompromiss: Die Kindertaufe wurde zwar beibehalten. Die Heranwachsenden aber sollten zu einem Katechismusunterricht geschickt werden, der in einer symbolischen Handlung vor der Gemeinde gipfelte. Dadurch könnten sie nachträglich ein "Ja" zu ihrer Taufe sagen, so der Gedanke. Somit entsprach Bucer dem Anliegen der Täufer, ohne die Säuglingstaufe aufzugeben: Die Konfirmation war geboren.
In dem hessischen Städtchen Ziegenhain, heute ein Stadtteil von Schwalmstadt im Schwalm-Eder-Kreis, entstand unter der Federführung Bucers die sogenannte "Ziegenhainer Zuchtordnung". In ihr wurde unter anderem der verbindliche Unterricht in Glaubensfragen für alle Kinder angeordnet.
Positiver Nebeneffekt: Viele lernten dadurch auch lesen und schreiben. Der Reformator Martin Luther (1483-1546) allerdings war zunächst wenig begeistert von der Konfirmation. Denn er sah in ihr eine gewisse Nähe zum katholischen Sakrament der Firmung, das er vehement ablehnte. Erst mit der Glaubensströmung des Pietismus, der die persönliche Frömmigkeit betonte, wurde die Konfirmation Allgemeingut in allen protestantischen Regionen Deutschlands. Das war ab dem späten 17. und dem frühen 18. Jahrhundert.
In Ziegenhain ist im Jubiläumsjahr ein Pilgerpfad eröffnet worden, der "Katechismuspfad". "Die Konfirmation ist Hessens Geschenk an die Welt - darauf können wir stolz sein und dies als einen Beitrag zum Reformationsjubiläum fröhlich feiern", erklärte Martin Hein, Bischof der evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), zur Eröffnung.
Wer konfirmiert ist, darf Pate werden
Nach wie vor hat die Konfirmation, in dem die meist 14-Jährigen ihren Glauben öffentlich bejahen, eine hohe Bedeutung im kirchlichen Leben. Und sie gehört zu den wichtigsten Familienfesten unter Protestanten.
In den Wochen um Ostern lassen sich in Deutschland jedes Jahr rund 250.000 Mädchen und Jungen konfirmieren. In feierlichen Gottesdiensten werden sie durch Handauflegen gesegnet und erhalten einen biblischen Konfirmationsspruch, der sie ein Leben lang begleiten soll.
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Der Begriff "Konfirmation" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "Befestigung" oder "Stärkung". Je nach Landeskirche dauert der Konfirmandenunterricht heute knapp ein bis zwei Jahre. Er sieht eine Unterweisung in den wichtigsten Grundlagen des Glaubens vor.
Voraussetzung für die Konfirmation ist die Taufe. Inzwischen kommt es auch immer häufiger vor, dass noch ungetaufte Jugendliche am Unterricht teilnehmen und sich erst unmittelbar vor ihrer Konfirmation taufen lassen. Während früher mit der Konfirmation auch der erste Gang zum Abendmahl verbunden war, ist diese Bestimmung inzwischen gelockert worden. Vielfach nehmen heute auch schon Kinder an Abendmahlfeiern teil.
Nach der Konfirmation haben die Konfirmierten das Recht, ein Patenamt zu übernehmen. In einigen Landeskirchen bekommt er auch das aktive Wahlrecht bei Kirchenvorstandswahlen zugesprochen. In der Evangelischen Kirchen Kirche von Hessen-Nassau (EKHN) haben Jugendliche, die das 14. Lebensjahr vollendet haben und konfirmiert sind, seit kurzem sogar das passive Wahlrecht: Sie können als Jugenddelegierte in einen Kirchenvorstand gewählt werden, wo sie allerdings nur eine beratende Stimme haben.