Knobloch: Gedenken an Kriegsverbrechen darf kein Ritual werden

Foto: dpa/Sven Hoppe
Knobloch: Gedenken an Kriegsverbrechen darf kein Ritual werden
Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat davor gewarnt, Gedenken an Kriegsverbrechen und Völkermord zu bloßen Ritualen erstarren zu lassen.
12.03.2014
epd
Karsten Wiedener

Sie spüre eine zunehmende Routine und Ritualisierung im Umgang mit solchen Gedenken, sagte Knobloch dem Evangelischen Pressedienst (epd) in München. Der Vergangenheit müsse auch in Zukunft die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt werden, um sich die damaligen Fehler und Verbrechen immer wieder gegenwärtig zu machen.

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Knobloch gehört zu den Referenten des 21. Wittenberger Gesprächs am Mittwoch in der Lutherstadt. Thema des Forums der Landesregierung von Sachsen-Anhalt sind drei historische Jahrestage. So jährt sich 2014 der Beginn des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal. Europaweit wird auch an den Anfang des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren erinnert. Zudem finden in Deutschland viele Gedenkveranstaltungen zum 25. Jahrestag der friedlichen Revolution in der DDR statt.

Geschichtsverdrossenheit und Leichtfertigkeit im Umgang mit den Lehren aus der Vergangenheit würden zu neuem Versagen führen, sagte Knobloch. Um in der Zukunft frühere Fehler zu verhindern, sei eine kluge und nachhaltige Kultur des Erinnerns nötig. "Vor allem brauchen wir angesichts der wachsenden zeitlichen Distanz eine Erinnerung, die nicht in der Vergangenheit verharrt, sondern immer den Bezug zur Gegenwart herstellt", sagte Knobloch. Ansonsten sei den jungen Menschen nicht zu vermitteln, weshalb das Gedenken wichtig für ihr Leben sei.

Dabei gehe es auch um schon wieder alltägliche Diskriminierungen und Ausgrenzungen. Mobbing, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Rassismus und Homophobie seien im Fußballstadion oder auf dem Pausenhof zu erleben. Jeder Einzelne sei gefordert, Zivilcourage zu zeigen, so die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Knobloch stand in gleicher Funktion von 2006 bis 2010 auch dem Zentralrat der Juden in Deutschland vor.