Die evangelische Kirche ziehe oft gar keine Grenze mehr und verzichte darauf, "Schneisen der Verantwortung in den Dschungel sexueller Aktivitäten zu schlagen", schreibt Dabrock. Er bedauert, dass der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Arbeit an einem evangelischen Papier zum Thema Sexualethik ruhen lässt.
EKD sollte ihr Profil herausstellen
Dabrock hatte eine Kommission geleitet, die seit drei Jahren über dieses Thema beraten hatte. Gerade in sexualethischen Streitfällen könnte die EKD ihr Profil herausstellen. Entgegen der katholischen Spannung zwischen Moral von oben und unten öffne der Protestantismus einen Korridor verantwortbarer Vielfalt, argumentiert der in Erlangen lehrende Professor.
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Von der evangelischen Kirche erwartet Dabrock auch ein Wort zu den Grenzen dieses Korridors. Dabei wären nicht nur Abartigkeiten wie Kindesmissbrauch und Gewalt in Beziehungen zu verurteilen. Die EKD-Spitze sollte insbesondere "die subtil-wohlfeilen homophoben Anfeindungen in der eigenen Kirche aufdecken und sagen, dass sie gegen den christlichen Glauben verstoßen", empfiehlt der Sozialethiker.
Eine klare Ablehnung der Kirchen sei auch gefordert gegenüber der Abwertung von Homosexualität, betont Dabrock. So wie sich die Kirchen vor Jahrzehnten gegen Rassenhass engagiert haben, müssten sie verdeutlichen: "Niemand darf sich auf den christlichen Glauben berufen, wenn er Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung verurteilt." In dieser Frage müsse die evangelische Kirche auch eine Grenze markieren, "auch gegenüber Kreisen, die sich als fromm und bibeltreu bezeichnen", fordert der Theologe.