Diakonie ist für flächendeckenden Mindestlohn

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Die Regierung plant ab 2015 einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Die Caritas befürchtet, er gefährdet Arbeitsplätze. Die Diakonie spricht sich für den Mindestlohn aus.
Diakonie ist für flächendeckenden Mindestlohn
In der Debatte um den von der Regierung geplanten gesetzlichen Mindestlohn vertreten die Caritas und die Diakonie unterschiedliche Ansichten. Während die Diakonie die Pläne begrüßt, lehnt die Caritas einen einheitlichen Mindestlohn ab.
14.01.2014
evangelisch.de
Verena Horeis

Die Diskussion um einen bundeseinheitlichen gesetzlichen Mindestlohn beschäftigt auch die christlichen Wohlfahrtsverbände. Die Sprecherin der Diakonie, Ute Burbach-Tasso, sagte, ein gesetzlicher Mindestlohn müsse so hoch sein, dass "Erwerbstätige bei Vollzeitbeschäftigung von ihrem Einkommen leben können". Daher sei die geplante Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns zu begrüßen.

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag weitreichende Regeln für einen gesetzlichen Mindestlohn aufgestellt. Ab dem 1. Januar 2015 soll in ganz Deutschland ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro brutto pro Stunde gelten. Allerdings können einzelne Tarifverträge auf Branchenebene für maximal zwei Jahre abweichende Regelungen beinhalten. Laut Koalitionsvertrag gilt der bundesweite gesetzliche Mindestlohn erst ab 1. Januar 2017 "uneingeschränkt".

In der Diakonie sind bereits Mindestlöhne üblich

Burbach-Tasso führt an, dass ein durch den Mindestlohn gesichertes höheres Einkommen höhere Sozialversicherungsbeiträge nach sich zieht. Diese "schaffen mehr Möglichkeiten für eine zusätzliche Altersvorsorge und führten damit zu höheren Rentenansprüchen". Ob das Geld allerdings ausreicht, um eine zusetzliche Rente zu finanzieren, ist umstritten. Auch die Diakonie-Sprecherin sagt, der Mindestlohn sei "eine Maßnahme von vielen", um Armut in Deutschland zu bekämpfen.

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In Bezug auf Angestellte, die in diakonischen Einrichtungen arbeiten, verwies Ute Burbach-Tasso darauf, dass die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie bereits heute mindestens einen Stundenlohn von 9,03 Euro vorsehen. Seit 2010 gelte außerdem ein Mindestlohn in der Pflege, der regelmäßig angepasst werde. Seit Juli vergangenen Jahres verdienen Pflegekräfte in den alten Bundesländern demnach mindestens 9,00 Euro pro Stunde, in den neuen Bundesländern sind es mindestens 8,00 Euro.

Sind die in der Diakonie Beschäftigten über eine Zeitarbeitsfirma angestellt, gilt der gesetzliche Mindestlohn für Zeitarbeiter. Dieser liegt seit Beginn des Jahres im Westen bei 8,50 Euro pro Stunde und im Osten bei 7,86 Euro, soll jedoch bis 2016 schrittweise auf 9,00 Euro Stundenlohn im Westen und 8,50 Euro im Osten angehoben werden. Laut den Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie dürfen Leiharbeitnehmer "nur zur kurzfristigen Überbrückung von Personalengpässen" angestellt werden. Bei Einrichtungen von über 50 Mitarbeitern gilt dies, wenn höchstens fünf Prozent der im Jahresdurchschnitt Vollbeschäftigten Leiharbeitnehmer sind. Werde dagegen verstoßen, könne die Mitarbeitervertretung vor das Kirchengericht ziehen, ergänzte Burbach-Tasso.

Gerechte Bezahlung erfordert regionale Anpassung

Die Caritas hingegen fürchtet, dass der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn Arbeitsplätze gefährdet. "Mindestlöhne können eine faire Bezahlung absichern, aber sie helfen nur dem, der seine Arbeit behält", sagte Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes. Zwar seien die konkreten Folgen des Mindestlohns derzeit noch unklar, doch er fürchtet, dass die Gefahr Arbeitsplätze zu verlieren steigt, "je höher der Mindestlohn und je geringer die Zeit ist, welche die Unternehmen haben, sich auf neue Verhältnisse einzustellen". Gerade Langzeitarbeitslose hätten bei einem gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro kaum mehr eine Chance, erneut einen Arbeitsplatz zu finden.

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Doch auch die Caritas setzt sich für eine gerechte Bezahlung ein. Der Mindestlohn soll nach Nehers Auffassung aber nicht allein durch die Regierung oder Tarifpartner festgelegt werden. Stattdessen schlägt er vor, dass in einer Mindestlohnkommission auch Wissenschaftler zu Wort kommen. Diese könnten einerseits eine Position neben den Gewerkschaften beziehen und beispielsweise Langzeitarbeitslose und deren Probleme besonders in den Blick nehmen. Zudem seien Ökonomen und andere Experten, die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt beobachten, in der Lage, die Folgen eines flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohnes zu bewerten.

Nach Nehers Ansicht könnte ein Schluss der Kommission sein, dass es sinnvoller ist, mit einem niedrigeren Mindestlohn einzusteigen, als ihn die Regierung derzeit vorschlägt und diesen "schrittweise zu erhöhen", falls sich zeige, dass dadurch keine Arbeitsplätze gefährdet seien. Zudem müsse ein an die Region angepasster Mindestlohn bedacht werden: ein bundesweit gültiger Mindestlohn habe in Bayern andere Folgen als in Mecklenburg-Vorpommern.