Unternehmen befürchten Schäden durch Zuwanderungsdebatte

Unternehmen befürchten Schäden durch Zuwanderungsdebatte
Die Debatte um die sogenannte Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien reißt nicht ab. Unternehmensverbände zeigten sich am Wochenende alarmiert von der "aufgeheizten Diskussion" und unterstrichen, dass Zuwanderung im Kampf gegen den Fachkräftemangel notwendig sei. Auch Sozialdienste, die Beschäftigte für den Pflegebereich suchen, warnten vor einer Einschränkung der Freizügigkeit in der EU.

CSU-Chef Horst Seehofer bezeichnete derweil die Kritik der SPD an der Haltung seiner Partei als "Heuchelei".Hintergrund der Diskussion, die von der CSU angestoßen wurde, ist die seit Jahresanfang geltende Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien. Die Christsozialen befürchten eine Überlastung der Sozialsysteme und fordern härtere Maßnahmen gegen Sozialmissbrauch durch Zuwanderer. Die große Koalition will nun prüfen, ob Regelungen verschärft werden sollen. Am Mittwoch soll zu diesem Zweck eine Arbeitsgruppe aus Staatssekretären eingesetzt werden.

Der Hauptsgeschäftsführer des Deutschen Industrie -und Handelstages, Martin Wansleben, betonte: "Die Zuwanderung insgesamt darf nicht durch eine aufgeheizte politische Diskussion in ein schlechtes Licht gerückt werden." Deutschland brauche aufgrund seiner demografischen Entwicklung in den nächsten Jahren bis zu 1,5 Millionen qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland. Diese trügen dazu bei, "Wachstum zu sichern und die Sozialsysteme zu stabilisieren", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag.

Bauindustrie stark interessiert an Fachkräften

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Martin Knipper, Geschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, unterstrich, dass seine Branche "stark interessiert" an Fachkräften aus Rumänien und Bulgarien sei. Die Leute seien gut ausgebildet, motiviert und hätten eine faire Chance verdient, sagte Knipper der "Welt am Sonntag".

Auch die Sozialbranche setzt auf Zuwanderung. Bereits heute fehlten in Deutschland bis zu 50.000 Pflegekräfte, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste, Bernd Tews, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die meisten Rumänen und Bulgaren kämen, "um zu arbeiten, um ein deutlich höheres Einkommen zu erzielen und ein besseres Leben zu führen", fügte Tews hinzu. Mit Sozialhilfeleistungen hätten sie nichts zu tun.

Auch der neue Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sagte, dass Zuwanderung zur Lösung des Fachkräftemangels in der Pflege unerlässlich seien. "Wir können in der Pflege seit Jahren nur bestehen, weil es auch qualifizierte Zuwanderung gibt", sagte er der "Bild am Sonntag".

Koalitionsvertrag wirkt Missbrauch von Sozialleistungen entgegen

CSU-Chef Seehofer unterstrich derweil, dass sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt hätten, dem Missbrauch von Sozialleistungen durch Zuwanderer entgegenzuwirken. Die Aufregung in der SPD um die Forderungen der CSU sei deshalb "Heuchelei", sagte der bayerische Ministerpräsident dem "Münchner Merkur" vom Samstag.  Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte in Reaktion auf die CSU-Forderungen erklärt, wer die Arbeitnehmer-Freizügigkeit infrage stelle, "schadet Europa und schadet Deutschland".

Derweil bemühte sich SPD-Chef Sigmar Gabriel darum, die Wogen zu glätten, und mahnte mehr Sachlichkeit an. Er halte nichts davon, das Problem der Armutsmigration "künstlich groß zu reden", sagte er der "Bild"-Zeitung vom Samstag. "Aber wir dürfen es auch nicht verniedlichen." Eine pauschale Diskriminierung von Rumänen und Bulgaren dürfe es nicht geben. Zugleich dürften die Probleme nicht übersehen werden, vor denen einige Großstädte durch Armutszuwanderung stehen.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) stellte sich hinter die Christsozialen. Zwischen den Positionen der CSU und der mit den Grünen regierenden Hessen-CDU gebe es keinen Gegensatz, sagte er der "Welt am Sonntag". Wer sein Heimatland aus Armut verlässt, tue dies nicht gern und müsse unterstützt werden. "Gleichzeitig müssen wir aber auch einfordern, dass er sich darum bemüht, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten."