Politiker warnen vor Panikmache wegen Armutszuwanderung aus Bulgarien und Rumänien

Politiker warnen vor Panikmache wegen Armutszuwanderung aus Bulgarien und Rumänien
Wenige Tage vor der vollständigen Öffnung des deutschen Arbeitsmarkts für Bulgaren und Rumänen warnen Politiker und Verbände vor populistischer Stimmungsmache gegen Zuwanderer aus Südosteuropa. Der Bundestagsabgeordnete und Sozialexperte der Grünen, Markus Kurth, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin, den Städten, in denen sich besonders viele Armutszuwanderer niederlassen, müsse geholfen werden.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte die Europäische Union auf, Druck auf Bulgarien und Rumänien auszuüben, damit sich dort die Lebensbedingungen verbessern. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil und die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peters, warnten vor Alarmismus. Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, erklärte, es würden "Horrorvisionen gezeichnet, die nichts mit der Realität zu tun haben".

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Kurth sagte dem epd, die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die vom 1. Januar auch für Bulgaren und Rumänen gilt, sei ein Kernbestandteil der EU, ebenso wie der uneingeschränkte Handel. Es müsse aber eine Verständigung darüber erzielt werden, unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien Anspruch auf Sozialleistungen in Deutschland erhalten. Der gegenwärtige automatische Ausschluss von Zuwanderern ohne Job von den Hartz-IV-Leistungen in Deutschland sei mit europäischem Recht nicht vereinbar.

Kurth: fremdenfeindliche Ressentiments werden bedient

Kurth sagte weiter, Städte mit besonders vielen Armutsflüchtlingen bräuchten Geld und Unterstützung für die zusätzlichen Herausforderungen, etwa im Wege eines Bund-Länder-Fonds. Die Grünen-Vorsitzende Peter erklärte: "Wer vor der 'Einwanderung in die Sozialsysteme' warnt, bedient in erster Linie fremdenfeindliche Ressentiments, die rechte Parteien und Gruppen für ihre Zwecke nutzen."

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte im WDR-Radio, die Kommunen seien nicht in der Lage, das Problem der Armutszuwanderung in Europa zu lösen. Die Kosten seien zu hoch, die Zuwanderer schwer zu erreichen. Viele seien in ihrer Heimat diskriminiert worden.

Heil: Zuwanderung darf nicht zur Lohndrückerei führen

Der SPD-Wirtschafts-Experte Heil sagte im Deutschlandfunk, Union und SPD hätten im Koalitionsvertrag vereinbart, die betroffenen Städte zu unterstützen. Heil räumte ein, dass mit mehr Armutseinwanderern zu rechnen sei, da die wirtschaftliche Situation in Bulgarien und Rumänien deutlich schlechter sei als etwa in Polen. Wichtig sei, dass "diese Form von Armutszuwanderung nicht zur Lohndrückerei in Deutschland führt".

Der Zentralratsvorsitzende Rose betonte im Radiosender SWR2, die Armutszuwanderer aus Rumänien und Bulgarien seien keineswegs nur Roma. Entscheidend sei das Armutsgefälle zwischen West- und Osteuropa. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) müsse sich ein realistisches Bild verschaffen: "Ich erwarte von unserem neuen Innenminister und von der Bundesregierung, dass sie mal sich die Situation in den osteuropäischen Staaten anguckt wie Rumänien, Bulgarien, Tschechien, Slowakei. Und dass Druck ausgeübt wird, dass diese Menschen wieder ein normaler Bestandteil ihrer Gesellschaften werden", sagte Rose.

Von Januar an können sich Bulgaren und Rumänen in Deutschland leben und arbeiten. Bisher ging das nur, wenn sie eine Arbeitsgenehmigung der EU oder der deutschen Behörden hatten.