Zwar hätten die 1975 von der Psychiatrie-Enquete angestoßenen Neuerungen viel Positives bewirkt, doch genüge "das heutige System menschenrechtlichen Anforderungen nicht", sagte Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Fokus müsse darauf liegen, Zwangsmaßnahmen zu vermeiden.
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Der Jurist verwies darauf, dass jede Art von Zwangsmaßnahme - ob Zwangseinweisung in die Psychiatrie, Zwangsmedikation oder Fixierung - einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen darstelle. Solche Schritte seien jedoch von der UN-Behindertenrechtskonvention nicht gedeckt. Die schreibe allen Menschen ohne Ausnahme die Fähigkeit zu, für ihre Belange entscheidungsfähig zu sein. Dass es Situationen gibt, in denen Dritte anstelle der Betroffenen entscheiden, "darauf finden sich im Wortlaut der UN-Konvention keine Hinweise", so Aichele.
Die Reformen müssten weitergehen, forderte Aichele: "Es haben sich in der Praxis nicht ausreichend Strukturen, Kompetenzen und Handlungsweisen etabliert, mildere Mittel einzusetzen." Deshalb sei es das Gebot der Stunde, die gesamte psychiatrische Versorgung auf der Basis der Menschenrechte zu überprüfen und weiterzuentwickeln.
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Aichele sieht die große Herausforderung darin, Zwang zu vermeiden: "Wir glauben, dass das System hier noch nicht die letzten Schritte getan hat. Die Psychiatrie muss sich mehr bewegen." Ziel sei es, ohne Zwang auszukommen: "Die Zwangsbehandlung ist ein Indiz für ein Systemversagen."