Christliche Initiative sieht Glaube missbraucht

Diplom-Theologin SIlvia Gross und Kabarettist Christian Springer auf Demo gegen rechts in Regensburg.
epd-bild/Thomas Burger
Diplom-Theologin SIlvia Gross und Kabarettist Christian Springer auf Demo gegen rechts in Regensburg.
Gegen Rechtsextremismus
Christliche Initiative sieht Glaube missbraucht
Am Wochenende wurde während der mit rund 20.000 Teilnehmern größten Demonstration der Nachkriegsgeschichte in Regensburg auf der Bühne die ökumenische Initiative "Christinnen und Christen gegen Rechts" gegründet. Ein Gespräch mit der Gründerin und Theologin Silvia Gross.

epd: Frau Gross, zahlreiche Christinnen und Christen positionieren sich gegen einen Rechtsruck in der Gesellschaft. Wie ist die Resonanz auf Ihre Initiative?

Gross: Wir haben schon prominente Unterstützer wie den Kabarettisten Christian Springer und den Landtags-Vizepräsidenten Markus Rinderspacher (SPD). Nachdem ich von der Bühne gekommen war, waren mehrere "Aufnahme-Willige" da. Auch der evangelische Regensburger Dekan Jörg Breu sagte seine persönliche Unterstützung zu. Regensburg ist der Ankerpunkt. Ich würde mich freuen, wenn es eine Bewegung würde, die sich in ganz Bayern ausbreitet. Unser Arbeitstitel "gegen Rechts" mag manchem zu einseitig klingen. Es soll aber die Intention klar werden, dass wir uns als Christen endlich gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft positionieren.

Was genau hat Sie dazu bewogen, die Initiative zu ergreifen und als Privatperson in die Öffentlichkeit zu treten - allen möglichen Anfeindungen zum Trotz?

Gross: Als Diplom-Theologin beschäftigt mich politische Theologie, vor allem Befreiungstheologie, immer wieder. Daher galt mein Interesse immer auch dem Thema Rechtsextremismus in der Gesellschaft. In den vergangenen Jahren habe ich festgestellt, dass die christliche Religion innerhalb des Rechtsextremismus für deren Agenda missbraucht wird, obwohl der christliche Glaube etwas ganz anderes sagt.

Der Missbrauch des Glaubens durch Rechtsextremisten besorgt mich, beispielhaft steht hier die AfD. Denken Sie an die Amtseinführung des US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar. Wie sich Kirchenvertreter und religiöse Gemeinschaften da instrumentalisieren ließen - fast bis zu einer Vergöttlichung des Präsidenten. Das hat mir den Rest gegeben.

Die Berliner Büros der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz haben gemeinsam den Entwurf des "Zustrombegrenzungsgesetzes" der Union kritisiert. Doch sofort haben sich konservative katholische Bischöfe zu Wort gemeldet und sich davon distanziert...

Gross: ... ja, das hat mich sehr umgetrieben. Als die Äußerung des katholischen Regensburger Bischofs Rudolf Voderholzer hinzukam, der seine eigene Kirche - als sie dazu Stellung bezogen hat - torpedierte, war das der Grund für mich, weshalb ich mich direkt am Dom bei der Demo am Wochenende habe hinreißen lassen, die Gründung der Initiative zu verkünden. Der christliche Glaube versteht sich als universelle Menschheitsreligion, so wie auch Menschenrechte und Menschenwürde universell sind. Das heißt, Gott ist in allen Menschen vertreten, egal welcher Nation, Ethnie oder Religion der Mensch angehört.