In Belgien können voraussichtlich bald auch Kinder auf legalem Weg Sterbehilfe erhalten. Der Sozial- und der Justizausschuss des belgischen Senats stimmten am Mittwoch mit breiter Mehrheit für eine Erweiterung des bisherigen Sterbehilfe-Gesetzes. Demnach können kranke Minderjährige Sterbehilfe bekommen, wenn sie unter unerträglichen körperlichen Qualen leiden. Sie müssen sich schon in der Endphase ihrer Erkrankung befinden. Sowohl Kinder als auch Eltern müssen dem Schritt zugestimmt haben.
###mehr-artikel###Der Gesetzentwurf wird nun im Plenum der beiden belgischen Parlamentskammern debattiert. Experten zufolge könnte das Gesetz pro Jahr etwa ein Dutzend Kinder betreffen, etwa junge Patienten mit einer unheilbaren Krebserkrankung. Die neuen Regelungen für Minderjährige wären strenger als die schon existierenden Vorgaben für Erwachsene: Letztere können auch bei schweren, aber nicht-tödlichen Leiden Sterbehilfe erhalten. So hatten jüngst zwei taubblinde Männer aus Flandern die Möglichkeit des Freitods mit ärztlicher Hilfe genutzt.
Kinderärzte forderten legale Sterbehilfe
Belgien sowie das Nachbarland Niederlande besitzen die liberalsten Sterbehilfe-Regelungen Europas. Die aktive Sterbehilfe ist in Belgien seit dem Jahr 2002 erlaubt. Im vergangenen Jahr verzeichnete das Land mehr als 1.400 registrierte Fälle von Sterbehilfe, gegenüber 235 im ersten Jahr nach der Legalisierung. Befürworter argumentieren, dass die rechtliche Freigabe eine im Verborgenen stattfindende Praxis teilweise ans Licht geholt habe.
Anfang November hatten 16 belgische Kinderärzte in einem Offenen Brief die legale Sterbehilfe für Minderjährige gefordert. Bei schwerkranken Kindern sei oft eine große persönliche Reife zu beobachten, hatten sie unter anderem unterstrichen. Indessen komme ein solcher Schritt nur als letzte aller verfügbaren Möglichkeiten in Frage.
Vertreter der Kirchen, des Judentums und des Islam in Belgien äußerten sich dagegen am Mittwoch tief enttäuscht über die Entscheidung der Senatsausschüsse. "Dem Leben ein Ende zu setzen, ist nicht nur ein Akt des Tötens - es zerstört auch mehr und mehr den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft", erklärten sechs hochrangige Religionsvertreter in einem gemeinsamen Schreiben. Sie forderten mehr Engagement im Bereich der ganzheitlichen Schmerztherapie. "Die Medizin hat die Mittel, das Leiden zu lindern", unterstrichen sie.