In seiner Rede zum Volkstrauertag hob Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, im Plenarsaal des Bundestages hervor, dass bei dem alljährlichen Gedenken nicht nur um gefallene Soldaten getrauert werde: "Jedes Opfer ist uns wichtig. Jedes Opfer verdient unseren gleichen Respekt."
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Der "Schrecken des Krieges" habe sich in den vergangen 200 Jahren nicht verändert, sagte Voßkuhle, der einen Bogen von der Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813 bis zu heutigen Kriegen zum Beispiel in Syrien spannte. Zwar lebten die Europäer seit 60 Jahren überwiegend freilich zusammen, doch insgesamt sei die Welt nicht friedlicher geworden. "Fast täglich erreichen uns erschütternde Berichte und Bilder von den unterschiedlichsten Kriegsschauplätzen", sagte Voßkuhle.
In Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg mahnte er, nicht die Augen davor zu verschließen, wenn "kulturelle und ethnische Minderheiten in einigen Regionen Europas eingeschüchtert werden und in Angst leben müssen". "Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, wenn bei uns zu Hausee und in anderen Regionen Europas nationalistische Töne erklingen und totalitäre Ideologien salonfähig gemacht werden sollen", sagte Voßkuhle.
"Europa des gegenseitigen Respekts"
Der oberste Verfassungsrichter warb für ein "Europa des gegenseitigen Respekts, der gegenseitigen Zuneigung und der gegenseitigen Solidarität". Zuvor hatte bereits Markus Meckel, seit Mitte Oktober Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die europäische Einigung gewürdigt. Die Europäische Union sei mehr als eine Finanz- und Wirtschaftsgemeinschaft. "Sie ist ein großes Friedens- und Versöhnungswerk", sagte der evangelische Theologe und letzte DDR-Außenminister.
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Der Volkstrauertag geht zurück auf den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der sich 1919 mit seiner Gründung zunächst dafür einsetzte, der gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs zu gedenken. Der nationale Gedenktag findet inzwischen jeweils zwei Sonntage vor dem ersten Advent statt. Die Gedenkstunde im Bundestag steht traditionell unter der Schirmherrschaft des Bundestagspräsidenten.
Vor der Gedenkfeier im Reichstagsgebäude hatte Bundespräsident Joachim Gauck in der Neuen Wache in Berlin einen Kranz niedergelegt. Der Bundespräsident wurde unter anderem von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maziére (CDU) und Verfassungsrichter Voßkuhle begleitet. Die Neue Wache in der Straße Unter den Linden in Berlin-Mitte ist die zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.