Zuvor hatte es bei der Wahl eine stundenlange Hängepartie gegeben. Keiner der beiden ursprünglichen Kandidaten Günther Beckstein (69) und Brigitte Boehme (73) hatte am Nachmittag in zwei Wahlgängen die notwendige absolute Mehrheit von 64 Stimmen erhalten. Daraufhin zogen beide ihre Kandidatur zurück. Beckstein, bisher stellvertretender Präses, wurde am Abend nicht mehr gesehen, so dass Gerüchte über eine vorzeitige Abreise die Runde machten. Eine Bestätigung dafür gab es nicht.
###mehr-artikel###
Der CSU-Politiker und ehemalige bayerische Ministerpräsident Beckstein war als Favorit ins Rennen um den Synodenvorsitz gegangen. Die Bremer Juristin Boehme hatte kurzfristig ihre Bereitschaft zur Kandidatur erklärt. Sie erhielt in den beiden Wahlgängen 60 beziehungsweise 59 Stimmen. Beckstein kam nur auf 54 beziehungsweise 56. Beobachter werteten das ergebnislose Ringen als Auseinandersetzung zwischen konservativen und linksliberalen Gruppierungen innerhalb des Kirchenparlaments.
Irmgard Schwaetzer, die bis 1991 den Ehenamen Adam-Schwaetzer führte, leitete von 1991 bis 1994 das Bundesbauministerin. Zuvor war die promovierte Pharmazeutin unter anderem FDP-Generalsekretärin und stellvertretende Vorsitzende ihrer Partei. 1992 verhinderte die FDP-Bundestagsfraktion ihre Berufung zur Außenministerin. Die gebürtige Münsterländerin Schwaetzer ist Vorsitzende des Gemeindekirchenrates am Berliner Dom und gehört der Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz an. Seit 2009 ist sie auch Mitglied der EKD-Synode.
"Mit Würde zu Ende führen"
In ihrer Vorstellungsrede äußerte Schwaetzer die Hoffnung, "dass wir diese Synode mit großer Würde und möglichst geschlossen zum Ende führen können". Es lägen "einige Trümmer auf dem Weg", die es wegzuräumen gelte. Das Patt zwischen Beckstein und Boehme hatte zuvor für verbreitete Ratlosigkeit und erregte Diskussionen gesorgt. Als Schwerpunkte ihrer künftigen Tätigkeit nannte Schwaetzer die Vorbereitung des Reformationsjubiläums 2017 sowie das Wirken der EKD-Synode in die Kirchengemeinden hinein.
###mehr-links###Die bisherige Präses Göring-Eckardt hatte vor kurzem ihren Amtsverzicht erklärt, da sie Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen wurde. Sie stand seit 2009 an der Spitze des evangelischen Kirchenparlaments. Schon seit November 2012 hatte sie das Amt wegen ihrer Spitzenkandidatur für die Grünen bei der Bundestagswahl ruhen lassen. Im Herbst 2015 wird mit der Neukonstitution der Synode auch ein neues Präsidium gewählt.
Schwerpunkt Ernährungspolitik
Bei Schwaetzers Wahl am späten Sonntagabend war es zu einer Panne gekommen, als zunächst falsche Stimmzettel ausgeteilt wurden. Das Ergebnis wurde erst nach 23 Uhr verkündet. Die Synodentagung hatte am Vormittag mit einem feierlichen Gottesdienst in der Düsseldorfer Johanneskirche begonnen. Das Treffen der Kirchenparlaments befasst sich in diesem Jahr unter dem Leitwort "Es ist genug für alle da" schwerpunktmäßig mit dem Thema Welternährung und nachhaltige Landwirtschaft. Eine wichtige Rolle spielte am Eröffnungstag das umstrittene EKD-Familienpapier.
Liebe Leserinnen und Leser,
wir haben die Kommentarfunktion unter diesem Artikel deaktiviert, weil den Kommentatoren es an grundlegender Fairness gegenüber der Person Irmgard Schwaetzer mangelte. Auf der Sachebene mit einer Wahl nicht einverstanden zu sein, ist die eine Sache. Das aber unmittelbar in persönlichen Angriffen zu äußern, und zwar fast ausschließlich, ist eine andere. Bitte achten Sie beim Kommentieren auf evangelisch.de auf ein Mindestmaß an Respekt gegenüber den Menschen, über die Sie reden. Vielen Dank!
Hanno Terbuyken
(Redaktionsleiter evangelisch.de)