"Zwölf Stämme"-Aussteiger sagen vor Gericht aus

Foto: dpa/Daniel Karmann
"Zwölf Stämme"-Aussteiger sagen vor Gericht aus
Eltern beantragen Aufhebung des Sorgerechtsentzugs
Vor einer Woche haben die Behörden den Eltern der Sekte "Zwölf Stämme" das Sorgerecht für alle 40 Kinder entzogen. Vor dem Ansbacher Familiengericht haben am Freitag die Anhörungen begonnen. Mehrere Aussteiger wurden als Zeugen vernommen.
13.09.2013
epd
Daniel Staffen-Quandt

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Nach dem vorläufigen Entzug des Sorgerechts für die Kinder der Glaubensgemeinschaft "Zwölf Stämme" haben am Freitag drei Aussteiger als Zeugen vor dem Amtsgericht Ansbach ausgesagt. Wie Amtsgerichtsdirektorin Gudrun Lehnberger mitteilte, hielten sich die Personen während ihrer Aussage an einem geheimen Ort auf, ihre Aussagen wurden per Videotechnik in den Sitzungssaal übertragen. Fragen seien per Telefon durch den Richter gestellt worden. Im Laufe des sogenannten einstweiligen Anordnungsverfahrens am Freitag sollen noch drei weitere Aussteiger und eine katholische Sekten-Expertin angehört werden.

Die bisher vernommenen Zeugen hätten die Erziehungspraktiken in der Glaubensgemeinschaft ausführlich geschildert, sagte Lehnberger. Details zu den Inhalten der Aussagen aus der nichtöffentlichen Verhandlung gab das Familiengericht nicht bekannt.

Vorwurf der "erheblichen und dauerhaften Kindesmisshandlung"

Fünf Elternpaare der "Zwölf Stämme" waren am Freitag vor Gericht erschienen, sie werden gemeinsam von einem Anwalt vertreten. Alle hätten einem ersten gemeinsamen Teil des Verfahrens zugestimmt, in dem die Zeugen vernommen werden. Nach diesem gemeinsamen Verhandlungsteil, der am Freitag enden sollte, werde der Richter die Eltern einzeln zu ihren Anträgen hören.

Vergangenen Donnerstag wurden bei einem Polizeieinsatz alle 40 Kinder der Sekte in Wörnitz (Kreis Ansbach) und am Hauptsitz in Klosterzimmern (Kreis Donaus-Ries) in Obhut der Behörden genommen. Den Mitgliedern der Sekte wurde vorläufig das Sorgerecht entzogen. Ihnen wird "erhebliche und dauerhafte Kindesmisshandlung" angelastet.

"Konkrete Gefahr" fürs Kindswohl

Alle fünf Elternpaare forderten am Freitag die Aufhebung der gerichtlichen Beschlüsse. Das Familiengericht selbst rechtfertigte sein Vorgehen. Die Beschlüsse seien erforderlich gewesen, da "konkrete Gefahr bestand", dass es "zu einer erheblichen Schädigung der Kinder kommen würde".

Der für diese Woche geplante Beginn der Anhörungen vor dem Amtsgericht Nördlingen verschiebt sich auf kommende Woche. Ab Mittwoch (18. September) werde im ersten einstweiligen Verfahren ein Elternpaar angehört, sagte Amtsgerichtsdirektor Helmut Beyschlag.

Vorläufiger Entzug des Sorgerechts bleibt bestehen

Es sei unklar, wie lange sich die Anhörungen hinziehen. Die Terminlisten des Familiengerichts seien übervoll, man könne immer nur einige Termine dazwischen schieben, hieß es. In den "einstweiligen Anordnungsverfahren" vor den Familiengerichten würden durch die Anhörungen die erhobenen Vorwürfe überprüft und dann entschieden, ob der vorläufige Entzug des Sorgerechts bestehen bleibt, abgeändert oder verworfen wird.

Die Sekte wurde in den 70er Jahren von einer kleinen Gruppe in den USA gegründet. Sie ist nach den Zwölf Stämmen Israels benannt, die nach der hebräischen Bibel "Tanach" das von JHWH (Eigenname Gottes im Tanach) erwählte Volk Israel bilden. Weltweit gibt es vermutlich 2.000 Mitglieder.