Großzügige Aufnahme syrischer Flüchtlinge gefordert

Großzügige Aufnahme syrischer Flüchtlinge gefordert
Die Aufnahme von 5.000 Syrern in Deutschland bezeichnen Menschenrechtler als "Tropfen auf den heißen Stein". Sie verlangen, wie auch die EKD, deutlich mehr Menschen Zuflucht zu gewähren. Unionspolitiker halten das deutsche Engagement dagegen für vorbildlich.

Angesichts der katastrophalen Lage im Bürgerkriegsland Syrien werden in Deutschland die Rufe lauter, deutlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen als bislang geplant. Nach dem Willen von Menschenrechtlern, Grünen und Linken sollen Zehntausende weitere Syrer in die Bundesrepublik kommen. Koalitionspolitiker hingegen loben das Engagement Deutschlands als vorbildlich. Für Mittwochnachmittag wurde in Hannover die Ankunft der ersten von rund 5.000 Syrern erwartet, die zwei Jahre in Deutschland bleiben dürfen.

###mehr-artikel###

Der Spitzenkandidat der Grünen zur Bundestagswahl, Jürgen Trittin, sagte der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Mittwochsausgabe): "Als größtes Land in der Europäischen Union sind wir verpflichtet, die meisten Flüchtlinge aufzunehmen." Als erstes sollte Deutschland allen hier lebenden Syrern erlauben, ihre Verwandten nach Deutschland zu holen. "Damit könnten schon einmal 50.000 kommen."

Pro Asyl: EU-Staaten müssen mehr Flüchtlinge aufnehmen

Die Linke forderte ein gemeinsames Aufnahmeprogramm aller EU-Staaten. "Die EU muss ihre Grenzen für Flüchtlinge öffnen, statt sie durch militärische Abschottung zu immer gefährlicheren Routen über das Mittelmeer zu zwingen", sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte bereits Ende August dafür geworben, mehr Syrern Zuflucht zu gewähren.

Auch die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl verlangte die "Öffnung aller europäischen Grenzen" für die Flüchtlinge. Die Aufnahme von 5.000 Syrern hierzulande sei allenfalls ein "Tropfen auf den heißen Stein". Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwochsausgabe): "Deutschland ist zur Aufnahme von weit mehr Syrien-Flüchtlingen fähig: Beim Bosnien-Krieg konnten 300.000 Menschen hierher kommen."

Bosbach: Deutschland tut nicht zu wenig

Ebenso unterstrich die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, dass die Aufnahme von 5.000 Syrern nur ein erster Schritt sein könne. Deshalb sei es zu begrüßen, dass mehrere Bundesländer die Regelungen zum Familiennachzug für syrische Flüchtlinge bereits gelockert hätten.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach indes wies Vorwürfe zurück, Deutschland tue zu wenig für die Menschen aus Syrien. Die Bundesrepublik biete nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch im Verhältnis zu seiner Bevölkerung etwa doppelt so vielen Syrern Schutz wie der Durchschnitt der EU-Länder, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses dem "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe).

Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Günter Krings (CDU) erklärte, die Forderung der Grünen nach Aufnahme von 50.000 Syrern sei "dem Wahlkampf geschuldet". "Da gehört das traurige Schicksal der syrischen Flüchtlinge aber nicht hin."

Kirchenpräsident Jung: Humanität darf nicht am Geldbeutel scheitern

Die evangelische Kirche fordert die Aufnahme weiterer syrischer Flüchtlinge in Deutschland. Kurz vor der Ankunft der ersten von rund 5.000 Bürgerkriegsflüchtlingen in Deutschland erklärte der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung am Mittwoch, Deutschland und Europa müssten mehr tun. Jung ist auch Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Er begrüßte die Einreise der ersten syrischen Flüchtlingsgruppe, die über ein Sonderkontingent nach Deutschland kommen. Zugleich müsse sich Deutschland grundsätzlich auf die Aufnahme von weiteren Flüchtlingen vorbereiten, unterstrich der Kirchenpräsident. Er wies darauf hin, dass derzeit aus Syrien jeden Tag 5.000 Menschen fliehen. Bereits zwei Millionen Syrer seien in den Nachbarländern aufgenommen worden.  

Jung lobte das Vorhaben der Bundesländer, Familienangehörige von in Deutschland lebenden Syrern aufzunehmen, mahnte aber erfüllbare Bedingungen an. "Humanität darf nicht am Geldbeutel scheitern", sagte Jung. Einige Bundesländer fordern von den bereits hier lebenden Syrern, dass sie alle Kosten für ihre Verwandten übernehmen, einschließlich der Krankenversicherung.Der Theologe forderte außerdem Kirchengemeinden auf, die Flüchtlinge mit offenen Armen zu empfangen. Zudem sollten Protestanten Rassismus in ihren Kommunen entgegentreten.

Erste syrische Flüchtlinge in Hannover erwartet

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wollte zusammen mit dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Mittwochnachmittag auf dem Flughafen Hannover rund 110 Syrer begrüßen. Sie sollten dort mit einer vom Bund gecharterten Maschine ankommen.

Die Flüchtlinge werden in den nächsten zwei Wochen im Aufnahmelager Friedland bei Göttingen untergebracht und danach auf die Bundesländer verteilt. Deutschland hatte sich im März verpflichtet, die Bürgerkriegsflüchtlinge aufzunehmen. Rund 250 Syrer aus dem Kontingent haben ihre Reise selbst organisiert und nach Angaben des Ministeriums Deutschland bereits erreicht.