Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte, eine öffentliche Vorführung sei unter dem Aspekt des Versammlungsrechts zu prüfen, "wenn dadurch Sicherheit und Ordnung gefährdet wird". Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sprach sich gegen ein Verbot aus.
Der in den USA produzierte islamfeindliche Film war im Internet verbreitet worden und hatte gewalttätige Proteste in mehreren islamischen Ländern ausgelöst. Dabei kamen mehrere Menschen ums Leben. Die rechtspopulistische Partei "Pro Deutschland" hatte angekündigt, das Video im November in einem Berliner Kino aufzuführen.
Göring-Eckardt: Verbot würde die Verantwortlichen "zu Opfern stilisieren"
Innenminister Friedrich sagte im Fernsehsender Phoenix: "Es handelt sich hier um eine politische Demonstration. Deshalb halte ich es für angemessen, dass wir alle rechtlichen Möglichkeiten des Versammlungsrechts, des Ordnungsrechts prüfen, wie man dagegen vorgehen kann". Die Meinungsfreiheit sieht er dadurch nicht eingeschränkt.
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Göring-Eckardt betonte, Verbieten sei immer die letzte Option. Das Video sei es "nicht wert, dass wir das Recht auf freie Meinungsäußerung kaputt machen". Ein Verbot würde die Verantwortlichen für "diesen Schwachsinn" nur "zu Opfern stilisieren", sagte die Grünen-Politikerin, die auch Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland ist, der in Erfurt erscheinenden Tageszeitung "Thüringer Allgemeine" (Dienstagsausgabe).
Angesichts der Debatte um das Anti-Islam-Video hält Leutheusser-Schnarrenberger jedoch strengere Vorschriften gegen Gotteslästerung prinzipiell nicht für erforderlich. Sie sehe keinen Handlungsbedarf für den Gesetzgeber, sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstagsausgabe). "Wir müssen aber Respekt und Toleranz für Religionsausübung fördern und einfordern." Sie forderte die rechtspopulistische Partei "Pro Deutschland" auf, das islamkritische Video nicht öffentlich aufzuführen.
Unterschiedliche Meinungen unter Theologen
Der Vizepräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Thies Gundlach, sagte dem epd, ein Aufführungsverbot sollte nicht ausgesprochen und keinesfalls einen gesellschaftlichen Diskurs über die Toleranz ersetzen. "Freiheit heißt auch, unangemessene Positionen hinnehmen zu müssen." Auch der evangelische Theologieprofessor Friedrich Wilhelm Graf sprach sich dafür aus, um der Meinungsfreiheit willen das Video zu zeigen, auch wenn es ein "ganz widerliches, hetzerisches, mieses Machwerk" sei.
Anders sieht es der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge. Er forderte, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, "um provokative Vorführungen, die als politische Hassaktion geplant sind, zu verhindern". Zugleich rief der evangelische Theologe die Religionsgemeinschaften zum Zusammenhalt auf. "Meine Hoffnung ist, dass wir hier bei uns im interreligiösen Dialog zusammenhalten und uns gemeinsam gegen solche Aktionen, gegen die Instrumentalisierung der Religionen für Hass und Gewalt verwahren."
Eine gerichtlich erwirktes Aufführungsverbot hält der Mainzer Verfassungsrechtler Friedhelm Hufen für denkbar. "Dies ist nach Paragraf 116 im Strafgesetzbuch möglich, wenn Publikationen wie auch Videos eine Religion schmähen und damit den öffentlichen Frieden gefährden", sagte der Professor der Koblenzer "Rhein-Zeitung" (Mittwochsausgabe). In diesem Falle könne eine öffentliche Vorführung auf Grundlage des Versammlungsrechts verboten werden.