Befreiungstheologe Boff: "Dieser Papst ist eine Zäsur"

Foto: epd/Cristian Gennari
Befreiungstheologe Boff: "Dieser Papst ist eine Zäsur"
Der brasilianische Befreiungstheologe Leonardo Boff erwartet von Papst Franziskus weitreichende Reformen in der katholischen Kirche. "Dieser Papst ist eine Zäsur", sagte der 74-Jährige der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt".

Die Figur des Papstes sei nicht mehr die klassische, sie habe sich verändert. "Es gibt einen Bruch." Franziskus handele im Kontrast zu seinen Vorgängern, die sich als Bewahrer der Kontinuität in der Kirche verstanden hätten. Der neue Papst wolle nicht nur die Kurie reformieren: "Franziskus hat mit der Reform des Papsttums angefangen", sagte Boff.

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Er glaube, dass Papst Franziskus "eine Dynastie von Päpsten aus der Dritten Welt gründen wird, aus Asien, Afrika und Lateinamerika", sagte der Theologe. Nur 24 Prozent der Katholiken weltweit lebten in Europa, 62 Prozent seien in Lateinamerika zu Hause, der Rest lebe in Asien und Afrika. "Das Christentum ist heute eine Religion der Dritten Welt, die ihren Ursprung in der Ersten Welt hatte."

Zölibat nur noch freiwillig

Boff rät dem Papst, zuerst den rund 100.000 verheirateten Priestern, die es in der katholischen Kirche gebe, zu erlauben, in ihr Amt zurückzukehren. "Danach sollte er den Pflichtzölibat in eine freiwillige Option umwandeln", sagte der Theologe. Ein dritter Schritt sei die Anerkennung der Arbeit, die Frauen in der Kirche leisten. "Es geht um eine Weihe für Frauen, um einen Ritus der Anerkennung."

Als einer der Begründer der Befreiungstheologie, die sich als Stimme der Armen versteht, wurde Boff 1985 von der Glaubenskongregation mit Lehr- und Redeverbot belegt. Boff gab zudem Anfang der 90er Jahre sein Priesteramt auf. Seitdem unterrichtet er als Ethikprofessor an der Staatsuniversität in Rio de Janeiro.