Die Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vollziehe in Fragen von Ehe, Sexualität und Familie einen theologischen Kurswechsel, der die schwieriger gewordenen Beziehungen zur römisch-katholischen Kirche, zu den orthodoxen Kirchen und den Anglikanern weiter belasten werde, schreibt Körtner in der "Zeitschrift für Evangelische Ethik" (Heft 4, Oktober 2013). Triftige theologische Argumente für diesen Kurswechsel suche man allerdings vergebens.
###mehr-artikel###"Das Scheidungsverbot Jesu wird dahingehend abgeschwächt, dass es Paare und Eltern 'an ihre Verantwortlichkeit' erinnert", schreibt Körtner. Die Ehe gelte auch nicht mehr als Institution, sondern lediglich als rechtlicher Vertragsabschluss.
Das Papier, das auch viel "Wichtiges und Richtiges" enthalte, lege eine Kontinuität zu früheren EKD-Stellungnahmen nahe, die jedoch nicht mehr bestehe. Denn von dem Verständnis der Ehe als vorbehaltlose und unverbrüchliche Lebensgemeinschaft von Frau und Mann, wie es die evangelische Ethik und Kirche noch 1998 vertreten habe, finde sich in der Orientierungshilfe nichts mehr, argumentiert der Theologe. Mit der Auskunft, dass die Bibel das familiale Zusammenleben in einer großen Vielfalt beschreibe, könnte man auch für die im Alten Testament belegte Polygamie argumentieren, gibt Körtner zu bedenken.
Stärkung homosexueller Partnerschaften
In dem im Juni vorgestellten Papier mit dem Titel "Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken" fordert der Rat der EKD, alle Familienformen zu stärken und schließt dabei auch Patchworkfamilien und homosexuelle Partnerschaften ein. Aus der evangelischen Kirche und von katholischer Seite wird dem Text vorgehalten, er entwerte die traditionelle Ehe zwischen Mann und Frau. Vor Körtner hatte bereits der Bonner Theologieprofessor Ulrich Eibach gravierende theologische Schwächen in der EKD-Schrift bemängelt.
###mehr-info###Von der EKD-Orientierungshilfe werde eine Modell der "gerechtigkeitsorientierten" Familie befürwortet. Damit beanspruche die evangelische Kirche nicht mehr, ein eigenes Leitbild von Ehe und Familie zu prägen, sondern lediglich ein anderweitig entstandenes Modell zu unterstützen, bemängelt Körtner, der in Wien Systematische Theologie lehrt. Bindend für die Autoren sei letztlich nicht die Bibel, sondern "verfassungsrechtliche Vorgaben und Leitbilder". Die Bibel diene der Orientierungshilfe nur als "Stichwortgeber" für eigene Positionen.