TV-Tipp: "Flucht aus Lissabon"

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Montag, 17. März, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Flucht aus Lissabon"
Ein fesselnder Thriller rund um KI, Fake News und maipulierte Wahlen. Überzeugend inszeniert und besetzt.

Jede gute Tat, jedes positive Gefühl, jede Schutzmaßnahme birgt stets das Gegenstück in sich: Selbst gute Taten können böse Folgen haben, hinterm Vertrauen lauert der Verrat, und jeder Schutz ist gleichzeitig eine Schwachstelle. All’ das beschreibt dieser Film, wenn auch auf einer tieferen Ebene, in erster Linie ist "Flucht aus Lissabon" ein fesselnder Thriller: Hauptfigur Tom Fährmann (Hans Sigl), Menschenrechtsaktivist und früherer Fluchthelfer, muss ein Leben im Schatten führen, weil er der Polizei geholfen hat, die algerische Schleuser-Mafia zu zerschlagen; seither ist ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt.

Es ist jedoch nicht Fährmanns Geschichte, die Autor und Produzent Hans-Hinrich Koch erzählt: Sophia Moreno (Hana Sofia Lopes), eine portugiesische Programmiererin, hat im Auftrag der EU eine Software geschrieben, die in der Lage ist, "Fake News" auszufiltern. Allerdings lässt sich das Programm auch ins Gegenteil verkehren, was sich ihr deutscher Arbeitgeber, Christian Aristides (Christoph Franken), zunutze machen will, und damit beginnt der Film.

Sophia hat die Behörden informiert, aber ein Maulwurf hat Aristides beizeiten gewarnt. Beim Treffen mit BKA-Zeugenschutzbeamtin Alexandra Velten (Nadja Becker) in Lissabon erschießen seine Killer die portugiesischen Polizisten, Alexandra wird schwer verletzt. Sophia kann fliehen, ihr kleiner Sohn wird entführt. Fährmann kommt ins Spiel, weil Alexandras Vorgesetzte (Marion Kracht) rausfindet, dass es eine enge Verbindung zwischen ihm und ihrer Kollegin gibt: Wer könnte eine untergetauchte Person besser aufspüren als jemand, der ebenfalls auf Schritt und Tritt darauf achtet, von keinem Radar erfasst zu werden?

Koch, Geschäftsführer der Berliner Dependance der neuen deutschen Filmgesellschaft (ndF),  war auch Produzent von "Flucht durchs Höllental" (2019, ZDF); der Krimi war allerdings nur mäßig spannend und wirkte nach weit über hundert "Bergdoktor"-Episoden (ebenfalls ndF) wie ein Gefälligkeitsfilm für Sigl. Die Fortsetzung "Der Feind meines Feindes" (2022, ZDF), für die Koch dann auch das Drehbuch geschrieben hat, war um Längen besser und ein fesselnder Thriller ohne Leerlauf, ebenso wie "Flucht aus Lissabon".

Koch nutzt die wenigen Entspannungsmomente, um relevante Hintergrundinformationen einzustreuen, die dem Thema Brisanz und Aktualität verleihen: Aristides will mit Hilfe von Sophias Software die Präsidentschaftswahl eines schwarzafrikanischen Staats zugunsten des militärischen Amtsinhabers manipulieren. Gelingt ihm das, droht Europa eine neue Flüchtlingswelle. Der Mann ist ein Zyniker, der seine Finger auch schon im Brexit hatte und angesichts der Rahmenbedingungen im fiktiven Kitwana – bittere Armut, Korruption, gewalttätige Konflikte zwischen Minderheiten – überzeugt ist, leichtes Spiel zu haben. Er setzt auf "Deep Fakes", mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz erzeugte täuschend echte Videos. Fährmann und Sophia sorgen schließlich dafür, dass der Plan zum Bumerang wird.

Zunächst hat es den Anschein, als würde das Drehbuch die Identität des Maulwurfs viel zu früh verraten, aber tatsächlich beschert der Wissensvorsprung dem Film zusätzliche Spannung. Den Rest besorgt die Thriller-Musik von Martin Rott. Für Sigl (Jahrgang 1969) ist die männliche Hauptrolle ohnehin wie ein Geschenk: Fährmann leidet unter einem Trauma, seit er einst zwar gut drei Dutzend afrikanische Kinder retten konnte, aber einen zwölfjährigen Jungen eben nicht; daran muss er nun dauernd denken, als er gemeinsam mit Sophia ihren Sohn befreien will. Für Prügeleien mit deutlich jüngeren Männern ist er entschieden zu alt, aber nicht mal das bleibt ihm erspart; im Grunde fehlt nur noch der Satz "Ich bin zu alt für diesen Scheiß."

Die vielsprachige Hana Sofia Lopes, als Tochter portugiesischer Eltern in Luxemburg aufgewachsen, ist eine echte Entdeckung fürs deutsche Fernsehen. Präsent und charismatisch ist Christoph Franken, noch gut in Erinnerung als riesenhafte, aber gutmütige Titelfigur aus der "Nord bei Nordwest"-Episode "Der Andy von Nebenan" (2022). Die wichtigen Nebenfiguren sind ebenfalls prägnant besetzt. Für "Nord bei Nordwest" hat Steffi Doehlemann nach diversen Serienfolgen und ihrem "Bergretter"-Langfilmdebüt  auch schon gearbeitet.

"Kobold Nr. Vier" (2024) und zuletzt "Fette Ente mit Pilzen" (2025) zeichneten sich nicht zuletzt durch eine vorzügliche Lichtarbeit aus; für "Flucht aus Lissabon" (Kamera hier wie dort: Oliver-Maximilan Kraus) gilt das nicht minder. Dass sich die Regisseurin die bekanntesten Schauplätze Lissabons nicht entgehen ließ, versteht sich von selbst.