Der Wissenschafter sagte am Montag im Deutschlandradio Kultur, die Bewegung sei mit sehr viel Aufmerksamkeit und Wohlwollen gestartet und dann überfordert gewesen, die Vorschusslorbeeren einzulösen. Occupy habe es nicht geschafft, eine organisatorische Struktur aufzubauen, was eine Voraussetzung für dauerhaften Protest sei.
Die Bewegung habe sich bewusst verweigert, klare Ziele zu formulieren, weil es erst einmal darum gegangen sei, einem kollektiven Unwohlsein Ausdruck zu verleihen, sagte der Forscher vom Wissenschaftszentrum Berlin. "Das hat es aber auch erschwert, positive Ziele zu formulieren, für die man sich konkret einsetzen kann" sagte der Wissenschaftler. Das habe zu einer "gewissen Zerfaserung" geführt. Mit der zunehmenden Schwäche von Occupy habe dann auch die mediale Aufmerksamkeit abgenommen.
Zwar habe Occupy in Deutschland auch etwas erreicht, betonte Ullrich. So habe die Bewegung dazu beigetragen, neue Protestformen zu etablieren. Dennoch sei Occupy letztlich nur ein "Strohfeuer" gewesen.
Zu der Frage, warum die Deutschen so selten auf die Straße gingen, sagte Ullrich, in Deutschland gebe es "keine Tradition des selbstbewussten Sozialprotests". Stattdessen werde eine starke Ideologie der Sozialpartnerschaft gepflegt: "Viele Deutsche haben Probleme mit der Vorstellung, dass es in der Gesellschaft gegensätzliche Interessen gibt."