Die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher befürchtet, dass Islamisten über den Inhalt des neu eingeführten muslimischen Religionsunterrichts in Nordrhein-Westfalen mitentscheiden. Grund sei die Berufung eines Beirats, der in der Funktion einer Religionsgemeinschaft über die Unterrichtsinhalte entscheiden solle, sagte die Leiterin des Instituts für Islamfragen der konservativen Deutschen Evangelischen Allianz am Donnerstagabend in Bonn.
Nordrhein-Westfalen bietet seit Ende August als erstes Bundesland bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht als reguläres Schulfach an. Weil es bei den Muslimen noch keine Religionsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes als Ansprechpartner für den Staat gibt, wurde befristet bis 2019 ein Beirat aus acht Vertretern von Islamverbänden und qualifizierten Einzelpersonen berufen - wobei die Verbände allen Mitgliedern zustimmen müssen.
"Hier simuliert der Staat Religion"
Auf diese Weise könnten die etablierten Islamverbände ganze Schülergenerationen mit ihren Vorstellungen prägen, während die Ansichten von wenig organisierten liberalen Muslime in den öffentlichen Schulen ungehört blieben, kritisierte Schirrmacher. Sie sieht eine "Gefahr der Islamisierung", zumal zwei Beiratsmitglieder in der Vergangenheit durch fundamentalistische Äußerungen auf sich aufmerksam gemacht hätten.
Das Beiratsmodell breche zudem mit geltendem Verfassungsrecht. Bereits zuvor hatte der hessische Justiz- und Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) verfassungsrechtliche Bedenken gegen das nordrhein-westfälische Konzept geäußert. "Hier simuliert der Staat Religion", kritisierte Hahn die Beiratslösung.
In Nordrhein-Westfalen leben knapp 1,5 Millionen Muslime, darunter mehr als 320.000 Schüler. Der neu begonnene islamische Religionsunterricht wird in deutscher Sprache, unter deutscher Schulaufsicht und mit in Deutschland ausgebildeten Lehrkräften erteilt. Die Einführung erfolgt schrittweise. Derzeit unterrichten rund 40 Lehrer etwa 2.500 muslimische Schüler an 44 Grundschulen.