Während im Zuge des "Arabischen Frühlings" der Ruf nach Religionsfreiheit, Redefreiheit, Demokratie und Frauenrechten zu hören sei, nähmen auf der anderen Seite der politische und der religiöse Extremismus zu, sagte der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und dem Heiligen Land am Sonntag in Berlin.
"Der Extremismus droht, unsere Region und unser Leben zu übernehmen. Er macht uns alle zu Geiseln", sagte Younan in seiner Predigt in der Berliner Marienkirche anlässlich des 161. Jahresfestes des evangelischen Jerusalemsverein. Dabei fühle er sich als palästinensischer Christ gar nicht als Minderheit. "Aber ich fühle mich in der Minderheit, weil ich politisch und religiös gemäßigt bin."
Die stille Mehrheit schreit nach Frieden
Deshalb sei es nötig, mit Hilfe von Bildung "Extremismus in Mäßigung zu transformieren", sagte der Präsident des Lutherischen Weltbundes: "Es ist unsere evangelische Berufung, Menschen auszubilden." Der 1852 in Berlin gegründete Jerusalemsverein fördert die evangelische Schul- und Gemeindearbeit in Israel und den besetzten Gebieten, darunter auch die 1851 gegründete evangelische Schule Talitha Kumi bei Bethlehem.
Es gebe im Nahen Osten keinen anderen Weg, "außer dem, den anderen zu akzeptieren, mit dem anderen zu leben und mit dem anderen gleichgestellt zu sein". Die stille Mehrheit schreie nach Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung. Younan zeigte sich überzeugt: "Frieden ist trotz aller Widerstände möglich im Heiligen Land." Der Lutherische Weltbund ist die Dachorganisation von 140 Kirchen mit knapp 70 Millionen lutherischen Christen weltweit.