Der evangelische Wohlfahrtsverband erklärte am Freitag in Berlin, in 90 Prozent der Einrichtungen würden diakonische Tarife gezahlt. Es stimme auch nicht, dass unter den Beschäftigten ein Klima der Angst herrsche, sagte die Sprecherin des Verbandes, Ute Burbach-Tasso, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Die Filmemacherin Gita Datta hatte der Diakonie ein undurchsichtiges Tarifsystem vorgeworfen. Im Unterschied zum katholischen Deutschen Caritasverband habe man es bei dem evangelischen Wohlfahrtsverband mit 16 Tarifkommissionen zu tun, sagte Datta der Tageszeitung "Neues Deutschland" (Freitagsausgabe) zu ihren Recherchen über Kirchen als Arbeitgeber. Das Ergebnis sei "ein regelrechter Tarifdschungel". Die vereinbarten Tarife würden zudem von großen Einrichtungen durch Haustarife unterlaufen.
Nicht angemessen differenziert
Der Caritasverband und die Diakonie sind mit insgesamt rund 1,3 Millionen Beschäftigten die größten Arbeitgeber in Deutschland. Sie vereinbaren Löhne und Arbeitsbedingungen im Rahmen eines eigenen, kirchlichen Arbeitsrechts. In den Kommission sitzen zu gleichen Teilen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter. Das kirchliche Arbeitsrecht, das auch Streiks verbietet, ist in die Diskussion geraten. Das Bundesarbeitsgericht hat im November das Verbot gelockert und Streiks in engen Grenzen zugelassen.
Datta wirft den Spitzen der Diakonie und der Evangelischen Kirche in Deutschland vor, zu Stellungnahmen nicht bereit gewesen zu sein. Sie habe aber Hintergrundgespräche mit einigen Diakonischen Werken auf landeskirchlicher Ebene führen können. Die Diakonie Deutschland erklärte demgegenüber, man habe Datta ein Informationsgespräch zum kirchlichen Arbeitsrecht angeboten. Darauf sei die Journalistin nicht eingegangen. "Wir haben den Eindruck, dass nicht ergebnisoffen recherchiert, sondern eine vorgefertigte These bestätigt werden sollte", sagte Burbach-Tasso dem epd.
Datta sagte dem "Neuen Deutschland", es habe auch Schwierigkeiten mit den Drehgenehmigungen gegeben. So habe sie in der bekannten Einrichtung Bethel in Bielefeld nicht drehen dürfen. Bethel-Pressesprecher Jens Garlichs sagte dem epd zu der nicht erteilten Genehmigung, angesichts der Komplexität des Themas habe es die Sorge gegeben, dass es nicht angemessen differenziert behandelt werden würde.
Wohlfahrtsverband "kein Konzern"
Vorwürfe des Lohndumpings habe sie indes nicht bestätigt gefunden, sagte Datta dem "Neuen Deutschland". Es werde aber in der Diakonie nicht besonders viel verdient. Im Vergleich zu Beschäftigten im öffentlichen Dienst seien vor allem langjährige Mitarbeiter schlechtergestellt. Viele Diakonie-Beschäftigte hätten aber aus Angst um ihren Arbeitsplatz nicht vor der Kamera mit ihr reden wollen, sagte die Autorin. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wirft der Diakonie vor, mit Ausgliederungen etwa von Küchen, Wäschereien oder der Gebäudereinigung die Löhne zu drücken.
Dazu erklärte die Diakonie Deutschland, dass bundesweit in knapp neun Prozent der Einrichtungen Betriebsteile ausgegliedert worden seien und dort die niedrigeren gewerblichen Tariflöhne gezahlt würden. Nur 1,2 Prozent der Beschäftigten seien Zeitarbeiter, im Bundesdurchschnitt seien es drei Prozent. Die Entgelte lägen im Rahmen dessen, was in sozialen Berufen gezahlt werde, erklärte Burbach-Tasso. Im übrigen sei der evangelische Wohlfahrtsverband "kein Konzern". Unter der Marke Diakonie hätten sich vielmehr 27.000 rechtlich selbstständige Einrichtungen zusammengeschlossen.