Deutschland müsse sich eher auf mehr Flüchtlinge einstellen, weil eine Verbesserung der Lage in vielen Herkunftsstaaten kurzfristig nicht zu erwarten sei, erklärte die Organisation am Dienstag in Frankfurt am Main.
Pro Asyl kritisierte, Deutschland habe nach dem Rückgang der Asylbewerberzahlen von 1995 bis zum Wiederanstieg im Jahr 2008 kontinuierlich Aufnahmekapazitäten abgebaut. Gerade mit Blick auf die erneut gestiegenen Asylbewerberzahlen im vergangenen Jahr könnten nur langfristige und realistische Planungen verhindern, dass Flüchtlinge in provisorischen Notunterkünften untergebracht werden müssten.
Knapp 65.000 Anträge
2012 waren nach Angaben des Bundesinnenministeriums 64.539 Asylerstanträge beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt worden. Im Vergleich zum Jahr 2011 erhöhte sich die Zahl damit um 18.789 Anträge.
Den Angaben zufolge war der erneute Anstieg im Jahr 2012 vor allem auf die höhere Zahl der Asylbewerber aus Serbien, Mazedonien, Syrien, Bosnien-Herzegowina und Russland sowie auf die weiterhin hohen Zugangszahlen aus Afghanistan und dem Irak zurückzuführen. Vor allem die zweite Jahreshälfte sei von einem überproportionalen Asylbewerberanstieg insbesondere aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina geprägt gewesen, den Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) als "nicht vorhersehbar" bezeichnete.
"Jeden Einzelfall prüfen"
Weil die Asylbewerber aus den Ländern des Westbalkans ausnahmslos abgewiesen wurden, forderte Pro Asyl, dass trotz der gestiegenen Asylanträge jeder Einzelfall sorgfältig und unvoreingenommen geprüft werde. Schnellverfahren, bei denen Asylsuchenden aus Staaten wie Serbien und Mazedonien de facto Asylmissbrauch unterstellt werde, seien das Gegenteil einer unvoreingenommenen Prüfung, erklärte die Organisation. Innenminister Friedrich bekräftigte indes seinen Willen, Asylmissbrauch zu bekämpfen, "damit diejenigen, die tatsächlich schutzbedürftig sind, bei uns auch Schutz bekommen können".