Kahane hält NPD-Verbotsantrag für falsch

Kahane hält NPD-Verbotsantrag für falsch
Die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, hat das geplante NPD-Verbotsverfahren scharf kritisiert.
04.01.2013
epd
Lukas Philippi

Nach den Ermittlungspannen im Zusammenhang mit der rechtsextremistischen NSU-Mordserie sei es geradezu "unverfroren, frech und dummdreist" einen Verbotsantrag zu stellen, "wo aller Welt offenliegt, wie unfähig dieser ganze Verfassungsschutzapparat ist, der die Informationen für das NPD-Verbot gesammelt hat", sagte Kahane in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Die Energie und Leidenschaft, die die Politik in dieses NPD-Verbot setzt - und das mit Hilfe eines unfähigen Verfassungsschutzes - ist für mich einfach absurd, bizarr."

Zudem sei es Augenwischerei, eine rechtsextreme Partei verbieten zu wollen. Durch die NSU-Morde sei deutlich geworden, "dass das Problem dieses Landes nicht die NPD ist", betonte Kahane. Das Problem in Deutschland seien die in den vergangenen zwei Jahrzehnten aufgebauten rechtsextremen Netzwerke und Strukturen.

Das "Konzept des Deutschseins" hinterfragen

Auch sei die allgemeine Haltung gegenüber Minderheiten besorgniserregend. Sehr viel wichtiger als ein NPD-Verbotsverfahren sei es deshalb "sich anzuschauen, wie Deutschland mit Minderheiten umgeht". Das vorherrschende "Konzept des Deutschseins" müsse hinterfragt werden. Bis heute würden Menschen mit Migrationshintergrund oder Angehörige sichtbarer Minoritäten nicht wirklich als Teil der Gesellschaft anerkannt.

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Zur Debatte über Rechtsextremismus gehöre jetzt auch eine Debatte über Rassismus in Deutschland, sagte Kahane weiter. "Bislang wird Alltagsrassismus nicht zur Kenntnis genommen oder sogar geleugnet." Deshalb müssten klare Regeln her und Diskriminierungstatbestände definiert werden wie es sie etwa in Großbritannien gebe. So wie es eine Gesellschaft allein mit moralischen Gründen nicht schaffe, Eigentumsdelikte wie Diebstahl zu verhindern, so müsse es auch gegen Alltagsrassismus einklagbare Gesetze geben, betonte Kahane.

Die in Berlin ansässige Amadeu Antonio Stiftung ist benannt nach Amadeu Antonio Kiowa, einem der ersten Todesopfer rassistischer Gewalt nach der Wiedervereinigung in Deutschland. Die Stiftung initiiert und fördert Projekte zur Stärkung der Zivilgesellschaft. Dafür unterstützt sie regionale und überregionale Initiativen und Projekte, die gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus vorgehen, sich für eine demokratische Kultur engagieren und für den Schutz von Minderheiten eintreten.