Die Spitzenvertreter der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland haben in ihren Weihnachtspredigten zu einem gewaltlosen und achtsamen menschlichen Zusammenleben aufgerufen. Gewalt beginne bereits mit verbaler Entgleisung und hasserfülltem Reden, sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, warnte vor Absolutheitsansprüchen, die zur Unterdrückung von Menschen führten. Papst Benedikt XVI. richtete in Rom einen eindringlichen Friedensappell an die Konfliktparteien in Syrien.
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Der Papst rief dazu auf, das Blutvergießen zu beenden, Hilfsorganisationen Zugang zu Flüchtlingen zu gewähren und nach einer politischen Lösung zu suchen. Die syrische Bevölkerung sei zutiefst verletzt und gespalten "durch einen Konflikt, der nicht einmal die Wehrlosen verschont und unschuldige Opfer hinwegrafft", so das katholische Kirchenoberhaupt in seiner am ersten Feiertag auf dem Petersplatz verkündeten Weihnachtsbotschaft.
Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider warnte an Heiligabend in der Düsseldorfer Johanneskirche, allzu oft würden Ansprüche auf Absolutheit von Menschen mit Terror und Gewalt durchgesetzt, wie der Blick zurück in die Geschichte, aber auch auf die Krisenherde der Gegenwart zeige. Der rheinische Präses verwies auf Selbstmordattentate, Raketenbeschuss und Siedlungsbau in Israel und Palästina, auf die Waffenlobby in den USA und auf den rechten Terror in Deutschland.
Bis zu 100 Millionen Christen verfolgt oder bedroht
Schneider mahnte die Christen zu Demut und Bescheidenheit: "Kein Mensch kann und darf sich im Besitz der absoluten Wahrheit und Erkenntnis wähnen - und auch keine Religion oder Kirche im Besitz der absoluten Erkenntnis Gottes." Allein Jesus kenne Gott wahrhaftig und vollständig.
Erzbischof Zollitsch beklagte die Gewalt im deutschen Alltag. Sie zeige sich nahezu täglich, "ob als häusliche Gewalt, ob auf Straßen oder Plätzen", sagte er in seiner Predigt am ersten Weihnachtstag im Freiburger Dom. Gewalt beginne bereits, wenn "unter dem Deckmantel der Anonymität des Internets Menschen verleumdet und entwürdigt werden".
Am zweiten Weihnachtstag gedachten die deutschen Katholiken der Opfer der weltweiten Christenverfolgung und forderten einen stärkeren Schutz der Religionsfreiheit. Christen seien derzeit die am stärksten verfolgte religiöse Gruppe, erklärte Zollitsch. Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sagte, im zu Ende gehenden Jahr habe sich die Situation der Christen in mehreren Ländern sogar noch verschlechtert. Weltweit würden nach Angaben von internationalen Organisationen derzeit bis zu 100 Millionen Christen verfolgt oder bedroht.
Stephanus, Märtyrer der Christenheit
An Weihnachten starben bei Anschlägen auf zwei Kirchen im Norden Nigerias mindestens zwölf Menschen. Hinter den Angriffen wird die radikalislamische Terrororganisation Boko Haram vermutet. Boko Haram verübt seit 2009 Anschläge und Morde in Nigeria, denen mehr als 1.400 Menschen zum Opfer gefallen sein sollen. Bereits in den vergangenen beiden Jahren hatte die Terrorgruppe an Weihnachten Kirchen attackiert.
Der zweite Weihnachtstag ist traditionell dem ersten Märtyrer der Christenheit, Stephanus, gewidmet. Der Tag wurde im Juni von der Deutschen Bischofskonferenz zum Gebetstag für verfolgte und bedrängte Christen bestimmt.