TV-Tipp des Tages: Wim-Wenders-Nacht (3sat)

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TV-Tipp des Tages: Wim-Wenders-Nacht (3sat)
TV-Tipp des Tages: Wim-Wenders-Nacht, 21. Dezember, ab 22.25 Uhr auf 3sat
Kultursender 3sat würdigt Wim Wenders mit drei Filmen. Die lange Nacht beginnt um 22.25 Uhr mit "In weiter Ferne, so nah!", der Geschichte eines Engels.

Kultursender 3sat würdigt Wim Wenders mit drei Filmen. Die lange Nacht beginnt um 22.25 Uhr mit einem der berührendsten Werke des vielfach ausgezeichneten Regisseurs überhaupt, "In weiter Ferne, so nah!", der Geschichte eines Engels (Otto Sander), der ein Mädchen rettet und dadurch zum Menschen wird. Das grandios fotografierte Melodram ist geradezu verschwenderisch prominent besetzt (unter anderem Bruno Ganz, Nastassja Kinski, Horst Buchholz, Willem Dafoe, Peter Falk  sowie Heinz Rühmann in seiner letzten Rolle) und in Cannes mit dem großen Preis der Jury ausgezeichnet worden. Um 1.15 Uhr folgt "Der amerikanische Freund". Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Patricia Highsmith mit Bruno Ganz als todkrankem Rahmenmacher, der von einem ominösen Amerikaner (Dennis Hopper) als Auftragskiller engagiert wird, war Wenders’ erster großer internationaler Erfolg.

"Wim Wenders’ frühe Jahre"

Um 3.15 Uhr zeigt 3sat den Porträtfilm "Von einem der auszog", der eigentlich an den Beginn des Themenabends gehört hätte. "Wim Wenders’ frühe Jahre" lautet der Titelzusatz dieses Films, und das ist zunächst durchaus wörtlich gemeint. Denn der Regisseur führt eigenhändig in sein Frühwerk ein: schwarzweiße Super-8-Filme, die das Leben vor den Fenstern des elterlichen Hauses im Oberhausener Stadtteil Sterkrade zeigen. Er erzählt von der Atmosphäre in diesem Elternhaus, in dem mehr geschwiegen als geredet wurde, von seiner ersten Liebe und der Freundschaft mit Peter Handke. Später hat Wenders in der Pariser Cinémathèque als junger Kunstmaler in zwölf Monaten tausend Filme gesehen, und vermutlich hatte dieses Lehrjahr größeren Einfluss auf sein späteres Werk als das Studium an der Münchener Hochschule für Fernsehen und Film. An diesem Werk aber ist Marcel Wehn nur am Rande interessiert; er will den Menschen Wenders vorstellen. Über Jahrzehnte hinweg hat er in dessen Geschichten immer wieder zerrissene Familien entdeckt. Die "Suche des Vaters nach einer inneren und ehrlichen Verbindung zu seiner Familie" schien ihm gar ein Leitmotiv, am exemplarischsten wohl in "Paris, Texas", aber auch in "Im Lauf der Zeit" oder "Bis ans Ende der Welt". Damit war die Vorgabe für den Film klar: Wo ist die Nahtstelle zwischen Werk und Wirklichkeit?

Herzstück der Dokumentation sind lange Interviews mit Wenders selbst, in denen dieser ungewöhnlich offen über sein Leben redet; Wehn hatte anscheinend völlig freie Hand, es gab keinerlei Einschränkung. Ergänzende Gespräche mit Weggefährten wie Handke, Peter Przygodda (sein wichtigster Cutter), dem langjährigen Kameramann Robby Müller, Schauspielern wie Bruno Ganz und Rüdiger Vogler und nicht zuletzt Wenders’ verschiedenen Frauen steuern weitere Facetten bei. Dabei kommt der gefeierte und vielfach ausgezeichnete Regisseur keineswegs immer gut weg. Gerade Müller, mit dem Wenders seine größten Erfolge feierte ("Der amerikanische Freund", "Paris, Texas"), äußert sich unerwartet verbittert; Wenders hatte die Zusammenarbeit nach fast zwanzig Jahren ohne weitere Erklärungen beendet. Wehns Film endet mit Wenders’ Weggang nach Amerika zu Beginn der Achtziger.

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Auch wenn die Anzahl der Filmausschnitte im zweiten Teil zunimmt: Das Porträt ist keine Analyse der Wenders-Filme aus den Siebzigern. Immerhin steuert der Meister selbst zu den Ausschnitten mitunter entsprechende Ansätze bei. Die Frage "Wie soll man leben?" zum Beispiel ziehe sich durch all seine Geschichten, sagt er mal; und dass seine Filme gern vom Unsagbaren handelten. Das Unsichtbare sichtbar machen will auch Wehn. Dabei hilft ihm ein ebenso simpler wie wirkungsvoller Einfall: Er schickt Wenders durch eine Ausstellung des eigenen Lebens und lässt ihn die Fotografien kommentieren; die Montage vermeidet, dass der Film wie eine Sammlung von Stichwörtern wirkt. Ohnehin kann Wehn dank eines geschickten Schnitts auf jeden Kommentar verzichten, zumal sich Wenders bei der Sichtung seiner Filme zum Teil erfrischend unverblümt äußert. Ausgerechnet über "Alice in den Städten", immerhin als Klassiker gehandelt, sagt er: "eine Qual"; dabei hat dieser Film einst in Wehn die Liebe zum Kino geweckt.