Rabbiner: Beschneidungsdebatte macht Kritik an Juden salonfähig

Rabbiner: Beschneidungsdebatte macht Kritik an Juden salonfähig
Die Beschneidungs-Debatte hat nach Ansicht des Mainzer Rabbiners Julian-Chaim Soussan die öffentliche Wahrnehmung des Judentums in Deutschland verändert.
12.12.2012
epd
Karsten Packeiser

"Man hat von Rechts wegen die Erlaubnis bekommen, auch mal über die Juden zu schimpfen", sagte er in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). An diesem Mittwoch will der Bundestag über das Beschneidungsgesetz abstimmen. Der Entwurf der Bundesregierung sieht vor, den bei Juden und Muslimen üblichen Eingriff von Geburt an zu ermöglichen.

Soussan sagte: "Zum ersten Mal kann man Vorwürfe gegen Juden erheben, ohne als Antisemit abgestempelt zu werden." Von dieser Möglichkeit machten nun verschiedene Kräfte Gebrauch. Viele Rabbiner-Kollegen seien angezeigt worden, weil sie angekündigt hatten, auch weiterhin beschneiden zu wollen.

In dem Streit über die Zulässigkeit von Beschneidungen hätten sich verschiedene Interessen verflochten. "Organisationen wie die Giordano-Bruno Stiftung haben die Debatte als Vorwand für generelle Religionskritik genutzt", sagte Soussan. Die Vorwürfe der Beschneidungsgegner hält der Rabbiner für abwegig: "Die Behauptung, das sei ein Verstoß gegen Grundrechte, ist vollkommener Unsinn."

Das Landgericht Köln hatte im Mai 2012 die religiös motivierte Beschneidung eines muslimischen Jungen als rechtswidrige Körperverletzung gewertet. Juden und Muslime, bei denen der Eingriff zur Tradition gehört, sahen daraufhin die Ausübung ihrer Religion gefährdet. Mit dem Beschneidungsgesetz will die Bundesregierung nun Rechtsicherheit schaffen.