"Die Risiken sind seit dem Scheitern des ersten Verbotsverfahrens nicht unbedingt geringer geworden", sagte Leutheusser-Schnarrenberger der "Welt" vom Donnerstag. Die Bundesregierung sei "gut beraten, sich eine eigene Meinung zu bilden". Auch im Bundestag gebe es große Zweifel. "Ich kann nur warnen: Der frühere Innenminister Schily ist in Karlsruhe kläglich gescheitert", sagte sie.
Das V-Leute-Problem sei "noch nicht sicher ausgeräumt", betonte die Ministerin. "Es sind im Lauf des Jahres wohl V-Leute abgeschaltet worden. Aber ob das gesamte Material von Informanten des Verfassungsschutzes unbeeinflusst ist, wollen nur wenige Länder garantieren." Leutheusser-Schnarrenberger kritisierte: "Die Innenminister wollen ein politisches Signal setzen - und blenden dabei ihre eigenen Zweifel aus." Niemand solle sich fragen, "ob er im Wahlkampf besser dasteht, wenn er einen NPD-Verbotsantrag unterstützt", mahnte sie. "Das wäre unverantwortlich."
Leutheusser-Schnarrenberger hält es auch für möglich, dass ein Verbot der NPD später vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgehoben werden könnte. "Das wird eine sehr kritische zweite Prüfung, die wir bei unserer Entscheidung in Deutschland im Blick haben müssen", sagte sie.
Die Innenminister der Länder hatten sich am Mittwoch für ein neues NPD-Verbotsverfahren ausgesprochen. Am Donnerstag beraten die Regierungschefs der Länder darüber. Es wird damit gerechnet, dass die Ministerpräsidenten der Empfehlung ihrer Fachminister folgen. Formal muss über einen Verbotsantrag dann noch im Bundesrat abgestimmt werden. Die Länderkammer ist neben Bundestag und Bundesregierung berechtigt, einen Antrag auf ein Parteiverbot beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Ein erstes Verbotsverfahren gegen die NPD war 2003 gescheitert.