In Anwesenheit von Bundespräsident Joachim Gauck, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Dieter Graumann vom Zentralrat der Juden wurde das Gotteshaus im Zentrum der Stadt am Sonntag eingeweiht. Die alte Synagoge war 1938 während der Novemberpogrome niedergebrannt worden.
Der Bundespräsident sagte laut vorab verbreitetem Manuskript, die Eröffnung sei nicht nur ein Freudentag für die jüdische Gemeinschaft, sondern für alle Menschen, die davon überzeugt seien, dass der Glaube dem menschlichen Leben eine unverzichtbare Dimension eröffne. Es sei schlimm, dass in der Debatte um die Beschneidung in Deutschland auch antisemitische und antimuslimische Einstellungen sichtbar geworden seien.
Der religiöse Glaube müsse sich zwar der Kritik der Vernunft stellen, doch dürfe nicht vergessen werden, welche Verbrechen begangen wurden, weil dem Glauben seine Existenzberechtigung abgesprochen wurde, sagte der Bundespräsident. Eine säkulare Gesellschaft könne nur dann human sein, wenn Religion ein Mitspracherecht bei der Gestaltung des Zusammenlebens habe. Wer das Religiöse komplett verdränge, versperre den Zugang zu den Grundlagen der eigenen Kultur, zitierte Gauck den Schriftsteller Navid Kermani.
Ministerpräsident Kretschmann brachte seine Freude über eine "aufstrebende, jüdische Gemeinde" in Ulm zum Ausdruck. Er erinnerte an die alte Synagoge, zu der auch der Physiker Albert Einstein gehörte und die von den Nationalsozialisten vernichtet wurde. Angesicht dieser Geschichte dankten Demokraten in Deutschland der jüdischen Gemeinde für ihr Vertrauen und ihren Willen, einen neuen Anfang in Ulm zu wagen.
Die quaderförmige Synagoge in der Ulmer Innenstadt bietet neben einem Gottesdienstraum einen Kindergarten, ein Jugendzentrum, Schulungsräume und einen Gemeindesaal. Das für 4,6 Millionen Euro errichtete Gebäude soll den 250 Juden der Stadt und 150 aus dem Umland künftig als Versammlungsort dienen.